Dresden: Unter Rollkoffern

Roland Schimmelpfennig «Odyssee» (U)

Theater heute - Logo

Penelope sitzt in Ithaka und fragt sich, warum ihr Mann nicht nach Hause kommt. Schließlich ist der Krieg schon seit einiger Zeit vorbei. Von den vielen Möglichkeiten, die die Gattin des Odysseus in Gestalt von Karina Plachetka rampennah durchspielt, hält sie die letzte für die wahrscheinlichste: «Er will nicht zurückkommen», spricht sie tapfer ins Parkett hinunter, und ihre Kolleginnen Luise Aschenbrenner und Eva Hüster pflichten ihr entschlossen bei.

 

Also beginnt Penelope «mit den Jahren, sich mit verschiedenen Männern zu treffen» und bleibt bei einem Pädagogen hängen, der neben einem multifunktionalen «Kleinwagen» auch über die Fähigkeit verfügt, ihr postkoital «Geschichten» zu erzählen – und zwar von ihrem Mann. Das ist natürlich insofern clever und dramaturgisch höchst praktikabel, als so ein narrationsbegabter Oberlehrer nicht nur mühelos Ithaka und Irrfahrt, mithin den Penelope- mit dem Odysseus-Plot verlinken, sondern auch dreifach dick die Unschärferelation zwischen Faktum und Fake unterstreichen kann, die der gemeinen Legendenbildung so innewohnt. 

So sieht der altgriechisch Homersche Casus also aus, wenn er – namentlich von Roland Schim­melpfennig – ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Dezember 2018
Rubrik: Chronik, Seite 52
von Christine Wahl

Vergriffen
Weitere Beiträge
Konstanz/Singen: Jenische Archäologie

«Schiggele» ist ein Mädchen, und wer auf Deutsch lacht, «schmollt» auf Jenisch. «Mulo» ist Tod und Teufel in einem – Jenisch ist die Sprache von fahrendem Volk. Anleihen gibt’s aus dem Romanes, der Sprache von Sinti und Roma (das sind «Ma­nische» neben den «Jenischen»), auch Jiddisch, Deutsch und vieles mehr klingt mit, wenn Jenische sprechen. Für den in Singen...

Vorschau - Impressum (12/2018)

Das Schauspiel Stuttgart startet neu nach Armin Petras’ vorzeitigem Abgang: Burkhard Kosminski verspricht, dass es rundgehen werde – womit nicht nur die hakelnde Drehbühne gemeint ist. In der ersten Premierenrunde werden u.a. Wajdi Mouawads «Die Vögel» und Clemens Setz’ «Die Abweichungen» ur- und erstaufgeführt.

Mit «Dantons Tod» in Burkina Faso: Das Schauspiel...

Köln: Restmenschen und Auslaufmodelle

Das Drama als Gesellschaftstanz: Grundschritt, Wiegeschritt, vor und zurück. Die bunt gekleidete Formation auf der kahlen Schauspiel-Bühne des Kölner Depots schlenkert die Glieder und wedelt hüftbetont, als würde sie unsichtbare Rumba-Rasseln schwingen. Die Muskelpakete der Männer sind unter den Shirts verrutscht wie zu Buckeln. Die Frauen sind vermummt in...