Die Kosten der Individualisierung

Tennessee Williams «Endstation Sehnsucht»

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Lachen will der neue Mensch. Zu gut gepanzert gegen Mitleidswirkungen ist unsere Seele, als dass uns mit Tragischem noch beizukommen wäre. Das äffische Gemecker ist der ani­ma­lische Restreflex des auf- und abgeklär­ten Zuschauers. Erschüttern kann man nur das Zwerchfell noch. Allein die Groteske kommt uns bei, wusste schon der selige Dürrenmatt.

So beginnt Jorinde Dröses Inszenierung in den Bochumer Kammerspielen ganz heiter mit lustigen Fami­lienfotos: Gruppenstandbild, Blackout, Musik und neues Bild.

Wir sehen die Familien DuBois und Kowalski statisch arrangiert, bevor sie die Reise in das Unheil antreten. Dann begegnen sich die Schwestern Stella und Blanche und erstarren schrecksekundenlang bewegungslos, bevor das schwesterliche Begrüßungsgeplänkel sich einstellt. Man sieht, mit welchen kalkuliert verzerrenden, fast groben Mitteln die Inszenierung arbeitet.

Bei der ersten Begegnung von Blanche und Mitch kommt dieser gerade aus dem Bad, voll mit Seifenschaum. So begrüßt er Blanche und  überträgt dabei den Schaum unwillkürlich auf die Schaumschlägerin. Blanches erster Kontaktversuch mit Stanley, Stellas Mann, ist der typische Frauentrick, wie man ihn aus jeder Billy-Wilder-Komödie ...

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Theater heute Februar 2007
Rubrik: Chronik, Seite 43
von Gerhard Preußer

Vergriffen
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Notizen

Gestorben

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