Die Kosten der Individualisierung
Lachen will der neue Mensch. Zu gut gepanzert gegen Mitleidswirkungen ist unsere Seele, als dass uns mit Tragischem noch beizukommen wäre. Das äffische Gemecker ist der animalische Restreflex des auf- und abgeklärten Zuschauers. Erschüttern kann man nur das Zwerchfell noch. Allein die Groteske kommt uns bei, wusste schon der selige Dürrenmatt.
So beginnt Jorinde Dröses Inszenierung in den Bochumer Kammerspielen ganz heiter mit lustigen Familienfotos: Gruppenstandbild, Blackout, Musik und neues Bild.
Wir sehen die Familien DuBois und Kowalski statisch arrangiert, bevor sie die Reise in das Unheil antreten. Dann begegnen sich die Schwestern Stella und Blanche und erstarren schrecksekundenlang bewegungslos, bevor das schwesterliche Begrüßungsgeplänkel sich einstellt. Man sieht, mit welchen kalkuliert verzerrenden, fast groben Mitteln die Inszenierung arbeitet.
Bei der ersten Begegnung von Blanche und Mitch kommt dieser gerade aus dem Bad, voll mit Seifenschaum. So begrüßt er Blanche und überträgt dabei den Schaum unwillkürlich auf die Schaumschlägerin. Blanches erster Kontaktversuch mit Stanley, Stellas Mann, ist der typische Frauentrick, wie man ihn aus jeder Billy-Wilder-Komödie ...
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Es soll ja noch schlechter werden», lautet die permanente Drohung in diesem Stück. Für Elisabeth, die Hauptfigur in Horváths Sozialstück «Glaube Liebe Hoffnung», ist das aber noch lange kein Grund, aufzugeben. Die düstere Zukunftsprognose lässt, im Gegenteil, die graue Gegenwart in einem helleren Licht erscheinen. «Ich lass den Kopf nicht hängen», sagt Elisabeth...
Klar, dass hier nur das stehen kann, was die Geschichte der Theaterkritik einen Verriss nennt. Längst hat sich ja der Autor Rolf Hochhuth mit einer Form von Eigensinn, die ihresgleichen sucht, zielstrebig hinaus beschleunigt aus dem zeitgenössischen Diskurs; und letzthin dem Deutschen Nationaltheater in Weimar die Uraufführung des jüngsten Stückes sehr kurz vor der...
Gestorben
Legendär war sein Auftritt in Volker Brauns «Übergangsgesellschaft», wenn er als alter Kommunist und verdienter Spanien-Kämpfer Wilhelm Höchst auf dem Boden sitzt, Westfernsehen guckt und Sätze sagt wie «Der Sozialismus kann nicht als Diktatur zum Ziel kommen». 1988, ein Jahr vor dem Mauerfall, war diese Fortschreibung von Tschechows «Drei Schwestern»...