Der König ist nackt

Das Düsseldorfer Schauspielhaus startet in Anna Badoras letzte Spielzeit: mit den Uraufführungen von Juri Andruchowytschs «Orpheus, Illegal» und Moritz Rinkes «Café Umberto» – und einem «Macbeth» von Jürgen Gosch, wie man noch keinen sah

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Mit Symbolfarben ist es so eine Sache. Drei Tage vor der deutschen Hauruck-Wahl, die anschließend in Macho-Gedröhn und rechthaberischem Patt versandete, konnte man beim Betreten des Zuschauerraums in Düsseldorf für einen Moment glauben, in eine Wahlveranstaltung für die Kanzlerkandidatin der CDU geraten zu sein: Orangenes Licht ergießt sich über den Zuschauerraum, orangen bauscht sich eine Riesengardine vor der Bühne.

Spätestens, wenn zwei sinistre Gestalten vor der ersten Reihe sich sichtlich unfreundlich in einer sehr fremden Sprache anpöbeln, erinnert man sich wieder: Klar, bevor sich die Christdemokraten die freundlich soziale Farbe für die angestrebte Revolution des deutschen Steuerwesens kaperten, stand der Apfelsinenton für einen echten Umschwung: Viktor Juschtschenkos entschlossene Hinwendung der Ukraine zum Westen, eine orangene Revolution, in deren Zeichen sich im Dezember 2004 16 Tage lang Demonstranten in Kiew die Füße abfroren. Gar nicht so lange her. 

Der Live-Art-Eröffnung im Zuschauerraum setzt ein Herr, der das fremde Idiom fließend beherrscht, ein Ende: Es ist der Autor Juri Andruchowytsch selbst, und er sieht ein wenig verwegen aus und durchaus so attraktiv, wie ...

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Theater heute November 2005
Rubrik: Starts, Seite 4
von Barbara Burckhardt

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