Der Hass blüht prächtig
Wer sich selbst schon einmal in Erwartung eines nahenden Regionalexpress-Zugs (so heißt die mit Abstand langsamste Beförderungstechnik der Bundesbahn) durch sämtliche Menus eines DB-Fahrautomaten geklickt hat, nur um kurz vor dem ersehnten Fahrschein mit einem scheinheiligen Systemabbruch belohnt zu werden («Der Vorgang wurde auf ihren Wunsch abgebrochen»), der wird jeden verstehen, der seine dünne Zivilisationsschale umgehend abwirft und mit archaischen Tritten unter lautstarken Zornausbrüchen auf das dummgraue Mistding eintritt.
Vor allem, wenn er vorher unter Aufbietung aller nicht unerheblichen Charmereserven an einen leeren 1.-Klasse-Schalter getreten war – während die 2.-Klasse-Abfertigung von einer Halbstundenwarteschlange blockiert war –, um von der perfekt manikürten, gnadenlos unterbeschäftigten Bahndame dermaßen arrogant abgefertigt zu werden, dass man sich selbst als durchaus zahlungswilliger Kunde so fühlt, als wäre man mit dem Schlauchboot illegal übers Mittelmeer eingereist.
So ähnlich beginnt Oliver Klucks «Zum Parteitag Bananen» (der vollständige Stückabdruck liegt diesem Heft bei): Auf den ersten Blick ein verwirrendes, auf den zweiten und dritten Blick immer ...
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Wer immer schon genauer wissen wollte, wo das gottverlassenste Ende der Welt wartet, die schlimmste Strafe der Verbannung, der hat jetzt eine konkrete Adresse: die kahle Betonwand von Saal C der Berliner Schaubühne, knapp über Kellerniveau. Dort unten im nackten Halbrund des Bühnenbauchs ist Prometheus mit schweren Ketten angeschmiedet, dort stöhnt und dröhnt Ernst...
Er hatte sich mal wieder gründlich und vermutlich genussvoll im Ton vergriffen, Berlins Lieblings-Buhmann. Als Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin im Oktoberheft von «Lettre international» Berlin eine düstere Zukunft prognostizierte, wenn die Stadt sich nicht schnell und rabiat der Integrationsprobleme insbesondere türkischer und arabischer Zuwanderer annehme, hatte...
Es muss ein Versprechen im Theaterspielen geben, das extreme Widerstandskräfte ausbildet. Wie sonst hält es ein Mensch aus, permanent vom Urteil anderer abhängig zu sein, sich lebenslang Kritik und verletzenden Bemerkungen auszuliefern? Was macht den Schauspieler immun gegen Misserfolge, die er sich nicht erklären kann? Wie schützt er sich gegen Verzweiflung, wenn...