Das Leben in seiner aufrecht gebeugten Form

Sebastian Hartmann über das Leipziger Theater, kulturpolitische Nebelbänke, die Depression des Ostlers, sächsischen Selbsthass, Bachelor-Studenten – und warum man in schwieriger Gemengelage trotzdem Theater macht

Franz Wille Wenn man im dritten Jahr seiner ersten Intendanz freiwillig nicht verlängert, ist irgend­etwas nicht ganz glücklich gelaufen. Was genau?

Sebastian Hartmann Wo fängt man da an? Die größte Schwierigkeit lag darin, gemeinsam mit der Leipziger Politik in die Zukunft zu schauen. Einerseits die fehlende inhaltliche Kommunika­tion, die Frage, was ein Theater in einer Stadt wie Leipzig bedeutet ...

FW... das könnte man aber auch positiv sehen.

Politik soll einen Finanzrahmen und Planungssicherheit für die Zeit einer Intendanz schaffen und sich dann aus jedem künstlerischen Geschäft heraushalten. Hat die Politik in Leipzig diese Bedingungen erfüllt oder nicht?
Hartmann In meinen ersten beiden Spielzeiten war das durchaus gegeben. Wir hatten in der zweiten Spielzeit 14,2 Millionen Zuschuss, und wir hatten auch an die 10.000 Zuschauer mehr als in der letzten Spielzeit von Wolfgang Engel und meiner ersten.

FW Wieviel insgesamt?
Hartmann So um die 86.000 Zuschauer – so­lide gerechnet, ohne Rahmenprogramme oder andere Sonderveranstaltungen. Das war schon ein Schub. In dieser zweiten Spielzeit kamen aller­dings auch die Probleme. Mit Michael Faber wurde ein neuer Kulturdezernent ...

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Theater heute Dezember 2011
Rubrik: DIE MÜHLEN DER EBENE, Seite 26
von Gespräch Sebastian Hartmann

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