Böses Märchen, böse Mädchen

Judi Dench und Cate Blanchett brillieren in Richard Eyres Schauerdrama «Tagebuch eines Skandals» nach dem Roman von Zoë Heller

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Das ist der Stoff, aus dem ein Alptraum ist: Wenn sich die zuverlässige ältere Dame, die stets über den Dingen stehende Hüterin des menschlichen Miteinanders, plötzlich als Vampir entpuppt. Dass man von fremden Onkels keine Schokolade nehmen darf, weiß man. Aber auch nicht von der Tante? Das Größte in Richard Eyres Film «Tagebuch eines Skandals» («Notes on a Scandal», 2006) ist die Infamie. Das Bes­te sind die Hauptdarstellerinnen. Dame Judi Dench und Cate Blanchett.

Dench, die 72-jährige Shakespeare-Darstellerin, im Kino bekannt als «M» aus den Bond-Filmen, als «Iris» Murdoch oder aus «Chocolat», ist hier Barbara, eine so resolute wie illusionslose Lehrerin an einer Londoner Problemschule.

«Wir sind eine Zweigstelle des Sozialamts», erklärt sie der neuen Kunstlehre­rin Sheba, der sie soeben bei einer Schülerschlägerei zur Hilfe gekommen ist. Die 37-jährige Blanchett («Herr der Ringe», «Babel») ist in dieser Rolle die reine Versuchung: strahlend schön, hingebungsbereit und ungeheuer verletzbar. Einmal in dieser Haut durch die Stadt gehen, und dann den Rest des Lebens zuhause hinter der Sonnenbrille davon zehren! Auch Barbara ist der jungen Kollegin zum Zeitpunkt dieser Szene längst ...

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Theater heute Februar 2007
Rubrik: Medien/TV, Seite 64
von Petra Kohse

Vergriffen
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