Als die Dritte Welt noch in Ordnung war
Die Musik, die in Peter Dehlers Inszenierung immer wieder atmosphärisch verschmiert eingesetzt wird, ist feinster skandinavischer Depressionismus – der zerdehnte Trauersound der isländischen Band Sigur Ros gilt als musikalische Feier von Absage und Vergeblichkeit. Doch auf dem Programmzettel verkündet Heiner Müller gleich als erstes den Optimismus, dass die Französische Revolution jetzt, nach dem Scheitern der Oktoberrevolution, vielleicht wieder bevorsteht.
Da hält man es lieber mit der Musik und schüttelt den Kopf darüber, warum Müllers steile These ausgerechnet mit seiner 1979 geschriebenen «Erinnerung an eine Revolution» auf der kleinen Bühne des Schweriner E-Werks wieder aufgewärmt werden soll.
Das Stück hatte eine große Zeit in den 80er Jahren, Ost wie West, als die Dritte Welt noch eine Hoffnung war, an die freilich auch Müller schon nicht mehr recht glaubte. In letzter Zeit machten ambitionierte Inszenierungen – wie die von Andreas Kriegenburg 2001 in Wien – aber deutlich, dass im Moment aus der hier eingesetzten Drei-Klassen/Drei Welten-Theorie des Autors keine große Energie mehr zu beziehen ist. Das Stück war bestenfalls zur Erinnerung an die fehlende Revolution der ...
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