Wasser bis zum Hals
Irgendwo in der vorpommerschen Tiefebene. Sie ist Biologie-Lehrerin in einer Schule, der allmählich die Schüler ausgehen. Die eigene Tochter hat sich in Richtung amerikanische Westküste davongemacht, der Gatte züchtet Strauße, in der Schule aber hält Inge Lohmann die Zügel immer noch fest im Griff. Es ist schon erstaunlich, wie konsequent die gelernte Darwinistin vor sich hin monologisiert und jedes menschliche Wesen analysiert, als werde eine Fruchtfliege seziert. Letztes Jahr landete Judith Schalanskys Roman «Der Hals der Giraffe» auf der Longlist des deutschen Buchpreises.
Würde er auch auf der Bühne des Schauspiels Frankfurt punktlanden, wo man sich entschlossen hatte, den «Bildungsroman» zu dramatisieren?
Im Roman sind sie nur Objekte des Lohmann-Blickes: die junge Kollegin etwa, diese dumme Laissez-faire-Lehrerin, oder die einzig interessante Schülerin, die Erika, zu der die Biologie-Lehrerin sich hingezogen fühlt. Mit solchen Figuren ließe sich der Monolog der Lohmännin beleben, Regisseur Florian Fiedler aber findet eine im ersten Moment so einfache wie überzeugende andere Lösung. Er hat den Text zusammen mit der Dramaturgin Anita Augustin stark gekürzt, dezent neu ...
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Theater heute März 2013
Rubrik: Chronik: Frankfurt Schauspiel, Seite 47
von Jürgen Berger
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Es ist mir ein Bedürfnis geworden, Bomben zu werfen. Das prickelt einem ordentlich, das ist ein feines Gefühl. Das ist ebenso schön, wie einen abzuschießen», schwärmt im Juli 1940 ein Deutscher namens Pohl, Oberleutnant der Luftwaffe, zur damaligen Zeit Kriegsgefangener. Dokumentiert haben Sätze wie diese Briten und Amerikaner, die während des Zweiten Weltkriegs...