Von einem, der auszog und das Fürchten nicht lernte
Ein glatter Typ, der sich auf den ersten Blick einordnen lässt, ist er sicherlich nicht – ein Hingucker aber in jedem Fall. Schwerer Junge mit hartem Kern oder doch eher Lausbub mit Flausen im wuscheligen Kindskopf? Dann aber auch wieder souverän und selbstbewusst, wie man es bei einem 24-Jährigen nicht ohne Weiteres erwarten würde. Seit 2015 gehört Marcel Heuperman zum Ensemble des Münchner Residenztheaters und hat in dieser Zeit mit zahlreichen Rollen ein beachtliches spielerisches Register gezeigt.
Einen autoritären Fiesling wie Herzog Alba in Martin Kusejs sprachkonzentriertem «Don Karlos» kann er ebenso wie den beflissen-brutalen Mordbuben Catesby in Michael Thalheimers düsterer Blutorgie «Richard III.» Als pädophiler Avatar in Jennifer Haleys Internet-Thriller «Die Netzwelt» irritiert er mit einer sanften, dandyhaften Versponnenheit, und dann spielt er wieder ganz gerade heraus ein verzweifelt und störrisch pubertierendes Arbeiterkind in einem Volksstück von Franz Xaver Kroetz. Es ist diese flackernde Vielseitigkeit, die einen als Zuschauer zweimal hinschauen lässt, immer wenn man ihm auf der Bühne begegnet. Man könnte es auch eine unbändige Lebendigkeit nennen, die ...
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Theater heute Juni 2019
Rubrik: Akteure, Seite 24
von Silvia Stammen
Die Kamera saugt sich am Gesicht der Mutter fest, der eine Träne über die Wange rinnt, und springt zurück zu den fiebrigen Augen der Moderatorin, die schon wieder ihren nächsten Gast angeht, um ihm ein Gefühl, ein Zitat, eine authentische, zutiefst menschliche Regung zu entringen. An tatsächlicher Auseinandersetzung hat diese Polit-Talkerin à la Anne Will null...
Da steht, in tiefem Bühnenschwarz auf weißem Grund: Othello. Der nackte Leib rot eingefärbt von Kopf bis Fuß. Markiert, aber nicht schwarz, sondern blutrot. So beginnt zu wummernden Beats (Ludwig Wandinger) vom zentral über Olaf Altmanns leerer Bühne thronenden, göttergleichen Schlagzeug Michael Thalheimers «Othello» am Berliner Ensemble. Was will das Rot uns...
In einem Fotointerview nach ihrer Idealvorstellung vom Gesicht eines Theaterzuschauers gefragt, antwortete Susanne Kennedy kürzlich mit geschlossenen Augen und einem Ausdruck entrückt-entzückter Trance. Überraschend, aber auch wieder bezeichnend, arbeitet Kennedy in letzter Zeit doch irgendwie zweigleisig: an hochartifiziell konstruierten multimedialen Bildwelten...