Von der Hoffnung in die Traufe
Heimat gilt heutzutage als toxischer Begriff und ist politisch hart umkämpft. In Cottbus unterzieht Armin Petras in «Ich mach ein Lied aus Stille» die dortige Brandenburger Heimat einer poetischen Autopsie. Grundlage für den langen dreiteiligen Abend sind Erwin Strittmatters «Ole Bienkopp», Gedichte von Eva Strittmatter und Judith Hermanns Roman «Daheim», letzterer als Uraufführung.
Der Hauptpart kommt dabei dem «Bienkopp» zu.
Der Roman von 1963 zeichnet mosaik -haft das Leben des Neubauers Ole Bienkopp und all seine großen und kleinen Auseinandersetzungen mit seinem Dorf, den (DDR-)Autoritäten und der Liebe. In überbordenden 135 Kapitelchen stolpern und straucheln Bienkopp und seine Dorfgemeinschaft auf dem Weg des sozialistischen Fortschritts, den sie vorantreiben wie einen störrischen Ochsen.
Die Bühne ist dazu nahezu leer, nur ein aufsteigendes Halbrund aus Holz, das auch als Steh- und Sitzfläche dient (Bühne für alle Teile: Julian Marbach), symbolisiert das Auf- und Ab dieser hoffnungsschwangeren Zeit zwischen Kriegsende und Mauerbau. Die Regie teilt sich Petras mit Berit Jentzsch, der Spezialistin für Bewegungschöre. Sie organisiert ein permanentes Treiben zwischen Dorf- und ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute März 2024
Rubrik: Chronik, Seite 56
von Torben Ibs
Dramaturg:innen und Regisseur:innen haben eine große Gestaltungsfreiheit, wenn es darum geht, wer in den Texten von Elfriede Jelinek gerade spricht und wie man das ausgestalten könnte. In «Sonne/Luft» ist das im ersten Teil etwas anders, schließlich ist ganz klar: Hier spricht eine allwissende Erzählerin, die wie eine anthropomorphe Supernova festgeschraubt im...
Es war ein grauer, spätwinterlicher Märztag in Bremen. Ich war zur ersten persönlichen Begegnung mit George Tabori verabredet, bei ihm zu Hause im Hochparterre eines Gründerzeithauses. An der Tür öffnete eine zierliche junge Frau in einem eher sommerlich hellen Kleid und führte mich in das geräumige Wohnzimmer, an dessen Ende hinter einem niedrigen Teetisch statt...
Uraufführung 16.12.2023, Schauspiel Leipzig, Regie: Elsa-Sophie Jach
© Suhrkamp Verlag Berlin 2023
1 Tochter
Nur ein Brautraub
das ist Brauch
und die Cousins
sind auch der
Braut im Auto nachgebraust
über die Landstraßen
rasen sie überdrehen
sie übertreiben sie treiben
sich an treiben voran sich
voreinander her
überschätzen sich
verschätzen sich
überschlagen falsch
...