Unter tausend Sonnen frieren
Zwei Paare, vier Sterne, ein Apfelbaum. Jana geht mit Kalle; Susann geht mit Anton. Die Sterne sind vermeintliche Designerdrogen und angeschafft, damit man in dieser Nacht mal «was spürt». Der Apfelbaum weist Richtung Sternenhimmel. Susann sagt: «Die Sterne. / Mit der ganzen Zeit, die sie haben. / Hängen da oben rum. / Wie Kinder ohne Zukunft.» Die Vier warten auf den psychedelischen Kick, sie tändeln ein wenig,
Anton probiert, Susann zu vergewaltigen. Am Ende des Abends erklettert Susann den Apfelbaum und stürzt (sich) hinunter.
Dann kreist das Figurenkarussell.
Jana verlässt Kalle, obwohl sie ein Kind von ihm erwartet, und zieht zu Anton. Später geht sie zurück. Da will Kalle aber schon nichts mehr von ihr wissen – trotz abgesagter Abtreibung. Kalle steigt stattdessen in den Apfelbaum, nach «ganz oben», auch er. So sind die Kinder ohne Zukunft: Sie haben nicht die ganze Zeit, sondern jeder eine andere – für sich, für seine Liebe und seine Trauer. Immer spürt es der eine noch nicht oder schon nicht mehr, während es beim anderen gerade stimmt. Nicht von ungefähr strauchelt Kalle eingangs an einem Haiku-Vers. Der gemeinsame Rhythmus ist das Problem.
Für diesen wendungsreichen und ...
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