Stuttgart: Welche Krise?
Wenn Kasimir heuzutage wählen könnte, würde er vermutlich AfD wählen. Gerade arbeitslos geworden inmitten einer Wirtschaftskrise, fressen sich Selbstmitleid, Hass und Neid in seine Gedanken. Die da oben, wir da unten. Und wenn Perspektive und Möglichkeiten fehlen, ist man natürlich nicht liberal drauf. Auch nicht in Stuttgart. Wo sich zu Beginn von Stefan Puchers Inszenierung von Ödön von Horváths «Kasimir und Karoline» dieser Mann auf dem Weg in die Radikalisierung vielsagend aus einer Uniform schält.
Der Zweite Weltkrieg steht vor der Tür, und ja, dann haben auch alle wieder Arbeit.
Aber jetzt ist erstmal Oktoberfest, und dafür macht man sich auch als armer Schlucker schick. Gegelte Haare, dünner Schnurrbart, grauer Anzug und ein Netzhemdchen darunter: Peer Oscar Musinowskis Kasimir ist ein schmaler Kerl mit viel Stolz und noch mehr Wut. Einer, der nicht weiß, wohin mit seinem Wollen. Der seine Männlichkeit gern unter Beweis stellen würde so wie der kantige Merkl Franz (Felix Mühlen), aber vor dessen Grobheit – der Franz schlägt schon sehr gerne seine Erna (Sandra Gerling) – zurückschreckt.
Kasimirs Weltuntergang ist der Jobverlust. Nun glaubt er sich all dessen beraubt, was ...
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Theater heute Juli 2017
Rubrik: Chronik, Seite 64
von Kristin Becker
Einmal stolpert sie fast, bei ihrem Gang an die Bühnenrampe. Da vorne wird sie die folgenden eineinhalb Stunden ausharren, aufrecht, gespannt wie eine Feder. Erst wenn ihr der Bote die schlechten Nachrichten überbringen wird, verfällt sie. Das Drama dieses Abends spielt sich im Gesicht und Körper der Christiane von Poelnitz ab.
Sie spielt Agossa, die Mutter des...
Zehn Jahre lang hat David Lynch, nun ja, nicht geschwiegen. Er hat Musik gemacht, das Wetter angesagt, für die eher üble Sekte «Transzendentale Meditation» missioniert, er hat Musik-Videos unter anderem für Moby und Nine Inch Nails gedreht, aber einen Spielfilm von ihm gab es seit dem radikal kryptischen «Inland Empire» nicht mehr. Dann kamen die ersten Gerüchte...
Die Ursprungsfassung von „Homohalal“ entstand aus der Zusammenarbeit von Ibrahim Amir mit der Regisseurin und Dramatikerin Tina Leisch sowie der Schauspielerin Natalie Assmann im Rahmen des zweijährigen Theaterworkshops mit den Refugees und Aktivistinnen des Wiener Votivkirchenprotestes 2012 insbesondere mit Ali Asmat, Mohamed Mouaz und Said Café. Die Dresdner...
