Prekariat im Paradies
Kirsten Heisig ist drei Jahre nach ihrem Tod bereits ein wenig aus der öffentlichen Erinnerung verschwunden. Dabei waren die Juristin, ihr «Neuköllner Modell» und das dazugehörige Buch «Das Ende der Geduld: Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter» 2010 ein echter Aufreger, der durch den überraschenden Selbstmord der Jugendrichterin dramatische Züge annahm.
Paul Brodowsky, der sich in seinen Stücken gerne mit Neukölln beschäftigt, hat den Lebens- und Argumentationsfaden von Kirsten Heisig nun wieder aufgenommen und aus der öffentlichen Reizfigur und persönlichen Tragik einen Bühnenstoff komponiert. Im Kern gesampelt aus Zitaten von Heisig und dem Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky, angereichert mit einigen Autorenspekulationen über die privaten Verhältnisse der alleinerziehenden Richterin, Szenen aus einem therapeutischen Tanzseminar für Neuköllner Problemjugendliche sowie Andeutungen im Geiste der posthumen Verschwörungstheorien, nach denen Heisig ermordert wurde – durch diese überwiegend nüchternen Zutaten gelingt Brodowsky mit «Intensivtäter» ein kompaktes Recherchestück mit stark pessimistischem Grundton.
Dass diese ernsthafte Auseinandersetzung mit Jugendkriminalität ...
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Theater heute April 2014
Rubrik: Chronik Freiburg Theater, Seite 57
von Till Briegleb
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