Panoptikum der Schreckenskunst
Da gehen also Luzifer und Michael auf der Berner Blumenwiese mit Plastik-Schwertern aufeinander los, dass es eine Art hat. Und es ist gar nicht klar, wer gewinnen wird, die Kräfteverhältnisse sind durchaus noch ausgeglichen. Aber weil Michael im Besitz der eindeutig größeren Wasserpistole ist, muss unser armer Teufel dann doch klein beigeben.
Er reckt sich nochmal rebellisch aus dem Paradiesbächlein, in das er beim Himmelssturz geplumpst ist («… das Haupt der Flut enthoben, und die Augen/In Flammen funkelnd …»), und wirft mit ausgerissenen Grasbüscheln um sich, dass man um die Wälder der Welt fürchten muss. Es hilft nichts: Am Ende muss er doch hinaus. Nun sitzt er im Kuhstall mit seinen Höllenfürsten und berät, wie man sich am Himmel rächen könnte. Bis er den glänzenden Einfall hat: Der Herr hat doch neulich ein neues Geschlecht erschaffen; wenn man sich nun an die heranmachte und sie verführte!
Mit Milton an der Feuerstelle
Sabine Auf der Heyde und Felicitas Zürcher haben am Stadtrand von Bern John Miltons «Paradise Lost» installiert – in fünf kurzen Szenen, die vom Bächlein bei der Bauernscheune bis zu der fatalen Feuerstelle führen, über der Satan als Grill-Schlange die ...
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Schwierige Sache, die Freiheit. Kaum sagt keiner mehr, wo’s langgeht, geht alles durcheinander. Die alte Mam (Heidemarie Rohweder in einem Kurzauftritt) hat ihr Leben ausgehaucht, und vier ihrer Arbeitssklaven heben den Leichnam an, um ihn wegzutragen – aber jeder will in eine andere Richtung. Kurzes Zerren, Stolpern, Stutzen. Dann weist Noch-Vorarbeiter Stanley...
Ist das Fremde mir bekannt/ So wird dafür mir, was bekannt, ein Fremdes», sagt Jason in Grillparzers «Goldenem Vließ», als er Medea seine Liebe gesteht. «Ich selber bin mir Gegenstand geworden.» Sich selbst aus der Perspektive des Fremden sehen und so sich selbst erkennen – so könnte man Karin Beiers Spielzeitrezept formulieren, das sie den Kölnern im ersten Jahr...
Wie sie das tut, ist die noch größere Überraschung. Wo Hanna Schygulla immer weiter ins Ätherische driftet, wie ihr Auftritt in Fatih Akins letztjährigem Melodram «Auf der anderen Seite» anschaulich macht, steht Barbara Sukowa mit beiden Beinen auf dem Boden. Und lacht dabei. Groß geworden nach Fassbinder ist sie in Filmen von Magarethe von Trotta, «Die bleierne...