Nivea forever

Thomas Köck «Jenseits von Fukuyama»

Theater heute - Logo

Was für eine profane Antwort! Woran Peer beim Onanieren denkt, wollte Miriam wissen. Und was hat Peer gesagt? «Harte Brustwarzen, die nach Nivea riechen.

» Das kann’s doch nicht sein! Onanie, das ist für Miriam die Möglichkeit, vollkommen autonom Glück zu produzieren, mit den eigenen Händen: «Das schönste Gefühl der Welt, sage ich, der einzige autarke Moment in deinem ganzen Leben, Glück, Menschen töten dafür, andere zerbrechen daran, und du siehst Brustwarzen mit Bodylotion und das macht dich glücklich? Glück?!» Es war der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, der 1992 das Ende der Geschichte ausrief: Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, so behauptete er, gebe es keine Widersprüche in der Welt mehr, also weder Systemkämpfe noch Utopien. Die liberale, marktwirtschaftliche Demokratie habe sich für alle Zeiten durchgesetzt. Nivea forever.

Es ist der Theaterautor Thomas Köck, der nun eine Gesellschaft seziert, deren Mitglieder süchtig sind nach Glück, sich aber mit den Glücks­versprechen begnügen müssen, die ihnen der Kapitalismus bietet: Konsumgüter, Geld, gesellschaftliche Geltung. Wenn er sie ihnen denn bietet, denn so klar wie 1992 ist das längst nicht mehr. «Jenseits von ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Oktober 2014
Rubrik: Chronik Osnabrück, Seite 68
von Tobias Becker

Weitere Beiträge
«Etwas Unvernunft, bitte!»

Eine Theorie der tragischen Erfahrung, eine Geschichte des dramatischen Theaters, eine Gegenwartsdiagnose und das Plädoyer für eine «postdramatische» Tragödie – so ließen sich die drei Gegenstände beschreiben, denen diese Studie sich widmet. Und wenn sie mit ihren 734 Seiten Länge, ihrer Fülle von Verweisen und Zitaten, ihrer 24 Seiten langen Literaturliste und...

Aktion Mensch

Wenn Angela Merkel heutzutage Königin Isabella die Katholische ist und Barack Obama König Ferdinand», überlegt der Autor und Regisseur Rodrigo Garcia im Programmbuch des polnischen Theaterfestivals Malta, «dann sind unsere Kuratoren und Experten auf dem Gebiet der Kunst eine spezialisierte Armee im Dienst der Monarchen des Marktes auf der Mission, künstlerische...

Echoraum Auschwitz

Bei der Filmpremiere in Toronto, so war zu lesen, wurde gelacht, als ganz am Ende von «Phönix», Christian Petzolds riskantem Film über das, was nach Auschwitz war, die eintätowierte Häftlingsnummer auf Nellys Arm freiliegt: der Augenblick der Blamage, in der ihr Mann, der sie verriet, endlich erkennen muss, wer vor ihm steht. Eine angemessene Reaktion im...