Mit dem Rücken zur Wand

In Israel befürchten kritische Theaterleute und Intellektuelle einen nationalistischen Sturm. Gleichzeitig blockieren israelisch-palästinensische Theatermacher sich selbst beim Werben um ihre Sache. Eindrücke von der Konferenz der International Brecht Society in Israel

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Gemeinsam arbeiten konnten wir eigentlich nur in London.» Einat Weizman spricht bedrohlich ruhig auf der Bühne des Hebrew-Arabic Theater in Jaffa. Sie blickt zu ihrem arabischen Counterpart Issa Amru, der aber nicht selbst hier stehen kann, sondern durch einen Schauspieler verkörpert werden muss. Der palästinensische Menschenrechtler sitzt an diesem Abend vermutlich in seinem Haus in Hebron. Sie ist Regisseurin, Schauspielerin und Autorin, die sich israelisch-palästinensischem Dokumentartheater verschrieben hat.

Hier im alten historischen Stadtkern zwischen ottomanischen Mauern und dem großen Dauerflohmarkt vor den Toren des von Jahr zu Jahr mehr stahlglasglitzernden Tel Aviv gibt es diese kleine Oase jüdisch-muslimischen Zusammenkommens. Wobei der Name des Theaters genau dieses Label zu vermeiden versucht und die Sprachen, nicht die Kulturen, und schon gar nicht die Religionen in den Fokus stellt. Doch natürlich liegt der politische Anspruch auf der Hand, das Ansinnen nach Dialog, die Hoffnung auf gegenseitige Empathie in einem Konflikt, der in den letzten Jahren mehr und mehr verhärtete Fronten hervorgebracht hat.

Die Wahl der neuen Regierung mit dem von Korruptionsskandalen ...

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Theater heute Juni 2023
Rubrik: International, Seite 44
von Torben Ibs

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