Mit der Gabel geschöpft

Sigrid Behrens «Fallen»

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Die Familie als Keimzelle der Gesell­schaft – darin schwingt die von Familienpolitikern ungern beachtete Bedeutung mit, dass diese Form des Zusammenlebens tatsächlich zu einer Zelle werden kann, in der man sich Keime holt. Manche davon wird man dann sein Leben lang nicht los. Zum Beispiel die Rollenverteilung: Vater, Mutter, Kind. Wer eins davon mal war (zumindest letzteres lässt sich nicht vermeiden), wird es immer sein. Da es in Sigrid Behrens’ Stück «Fallen» um diese Rollenbilder geht, heißt das Personal einfach «Vater», «Mutter» und «Kind».

Die Szenen sind laut Autorin «in sieben Bilder aufgeteilt, die von einer flexiblen Anzahl von Darstellern umzusetzen wären». Wobei die «Bilder» hier vor allem sprachlicher Natur sind: Die Bühnenanweisung begnügt sich mit dem Versammeln aller Betei­ligten an einem Tisch zum gemeinsamen Essen als familiärer Ur-Szene mit grundlegenden Konflikten: Wer versorgt hier wen, wer leistet was und wer schmarotzt, wer fügt sich in seine Rolle und wer rebelliert?
Inhaltlich sind die Antworten we­nig überraschend: Mutter kocht (in der Küche und deshalb vor Wut), Vater motzt, Kind trotzt. Immerhin schlägt Behrens aus dieser Minimalsituation sprachlichen ...

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Theater heute März 2006
Rubrik: Chronik, Seite 42
von Andreas Jüttner

Vergriffen
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