Mal was ganz Verrücktes
Anfang der siebziger Jahre bestand das französische Paradies noch aus Fleisch. Marco Ferreris Skandalfilm «Das große Fressen» (1973) legt davon eindrucksvoll Zeugnis ab: In einer verlassenen Vorstadtvilla erschaffen vier Männer in den besten Jahren, dargestellt von den Stars des franco-italienischen Kinos, ein Schlaraffenland aus Nacktem und Gegrilltem. Ein Lieferant bringt frisch geschlachtetes Wild und Geflügel, Schweinehälften und Charolais-Rinder werden durch den winterlichen Garten gewuchtet, Gänse und Karpfen zur letzten Mast geleitet.
Ugo (Tognazzi), Michel (Piccoli), Philippe (Noiret) und Marcello (Mastroianni) kochen und futtern sich durch einen feudalen Reigen saftiger Braten, sämiger Ragouts und schwerer Pasteten, und als die Nierchen bourguignon nicht mehr genügen, laden sie noch drei Huren dazu, deren sekundäre Geschlechtsteile wie selbstverständlich das Sortiment der Keulen und Koteletts erweitern.
Doch das Fleisch, nicht zuletzt das eigene, ist schwach und vergänglich. Wer im Paradies bleiben will, muss durch die Hölle gehen: Die schwere Kost lässt den Fernsehproduzenten Michel schon nach kurzer Zeit mit heftigen Blähungen kämpfen. Der sexuell unersättliche ...
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