Lob der Provinz
Es war wie beinahe jedes Jahr. Als die siebenköpfige Jury des Theatertreffens Ende Februar nach eines langen Tages Diskussionen über ihre Favoriten aus 300 Inszenierungen landauf, landab erschöpft auf das «Tableau» der Einladungen blickte, sah sie: 2 x Berlin, 2 x Hamburg, 2 x Münchner Kammerspiele, 2 x Zürich, 1 x Wiener Burgtheater und, immerhin, 1 x Hannover. Wieder war es ein Metropolenfestival geworden; wieder war es eine unbeabsichtigte, aber den Verhältnissen entsprechende Ohrfeige für die so genannte Provinz.
Die tollen Schauspieler, die avancierten Regiekonzepte: Mehr denn je konzentrieren sie sich in den Zeiten des kommunalen Sparens auf die Reservate der ökonomisch besser gestellten Großstadttheater. Das Berliner Theatertreffen und seine viel kritisierten Best-of-Entscheidungen bilden nichts anderes ab als diese Entwicklung.
Es war vermutlich kein Zufall, dass sich nur zwei Wochen nach Bekanntgabe der Auswahl eine Busladung von Theaterkritikern auf Einladung des Bundespresseamtes und initiiert von der Staatsministerin für Kultur und Medien, Christina Weiss, aufmachte in die wieder einmal vernachlässigten (wenn auch nicht übersehenen) Provinzen des anderen Theaters. ...
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Jamie Carris hat von Anfang an keine besonders günstige Sozialprognose: Missbrauchsopfer, Selbstmordversuch, vernachlässigt, aggressiv. Simon Stephens zeigt ihn mit 18 – da hat er gerade den Liebhaber seiner Mutter niedergestochen und einen jungen Tankwart, weil er seine Rechnung nicht bezahlen konnte. Er sitzt mit Lynsey, 15, im geklauten Auto und träumt von...