Keimzelle Keller
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, sagt der Volksmund, was aber auch als subtiler Hinweis darauf verstanden werden kann, dass Geben und Nehmen kompliziert sind, denn zur Gabe gehört die angemessene Erwiderung: Genügt ein Lächeln? Muss mein Gegengeschenk den Wert des ersten womöglich übersteigen? Verpflichtet es mich vielleicht sogar ein Leben lang?
Hier sind giftige Ingredienzen vergraben, die die englische Übersetzung des Wortes Gabe buchstäblich wiedergibt.
Am unheilvollsten hat sich den Trojanern das Geschenk der Danaer erwiesen, das hölzerne Pferd, das in sich, unsichtbar verborgen, eine tödliche Ladung transportierte. Im neuen Stück von Händl Klaus finden sich einige solcher Danaergeschenke: die Einrichtung eines Erfrischungsraumes, der sich als Todeszone entpuppt, ein frisch bezogenes Bett, in dem möglicherweise Inzest stattgefunden hat, die Einladung zu einer intimen Waschung, der ein Mord vorausgehen soll, eine Schatzkarte, die in den Tod führt. Man kann aber auch das gesamte Stück als eine Gabe betrachten, die mit vielen scheinbar harmlosen Verpackungen ummantelt ist, die beim Abtragen nach und nach einen unheimlichen, gespenstischen Kern offenbaren.
Erfrischungs ...
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Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die neuen Stücke der Spielzeit, Seite 146
von Rita Thiele
Mario Salazar, geboren 1980, hat beim Fußballspielen als Kind quasi auf die Berliner Mauer spucken können. Sein Vater ist vor Pinochet geflohen; was sein Halbbruder gerade in der Megacity Santiago de Chile macht, weiß er nicht. Er arbeitet als Barmann, und am liebsten bestellen die Berliner Miezen bei ihm den Cocktail «Latin Lover». Die Zeit als Holzfäller,...
«Studie zu drei mythen der gegenwart» untertitelt Fritz Kater sein neues Stück «demenz depression und revolution». Mythen wurden und werden vor allem aus zwei Gründen erschaffen: um eine Erklärung für Unerklärliches zu finden und somit die Angst zu verkleinern und um den eigenen Standpunkt zu bestimmen – in ihnen drückt sich ein Welt- und Selbstverständnis aus. Bei...
Was für großartige Gestrigkeiten: Elf bieder-korrekte Anzugmänner und Kostümfrauen, ganz Schlips und Bügelfalte mit grauem Hut, tauchen aus den Tiefen der 60er Jahre, weit entfernt von jeder Eleganz, Uniformträger einer untergegangenen Angestelltenkultur aus dem Geist der Vollbeschäftigung, als noch kein Mensch übertrieben originell oder kreativ sein wollte,...