K. im Homeoffice
Da steht er nun, die Beine breit, Gesicht zur Wand, den Hintern entblößt, und eine Geheimpolizistin scannt den sonst auf gut gepolsterte Bürostühle vertrauenden Allerwertesten des Versicherungsangestellten mit ihrem Smartphone kaltschnäuzig ab. Geht auch gleich viral, das Filmchen. Auf die Klicklust der Community ist Verlass, solange die Bilder die Basic Instincts ansprechen, also Hass und Häme, Sex und Sensationsgier.
Aber hat er das nicht provoziert, der gute Josef K.
? Die Ermittlerin geht ja nach allem, was das Freiburger Theaterpublikum von einer mit den Erfahrungen des iranischen Staatsregimes getränkten Kafka-Bearbeitung befürchten musste, erstaunlich korrekt vor. Exzessive Willkür würde man Marieke Kriegels Auftreten jedenfalls nicht als Erstes vorwerfen.
Sie informiert K. im Hausflur lediglich, er sei verhaftet. Grund gleichgültig, wir sind hier bei Kafka. Dass K. die Situation – er im Bademantel, sie vermeintlich seine Nachbarin – gründlich missversteht, die schlaksige Jungmännerbrust etwas unbeholfen plustert und aufreißerisch kundtut, er möge es auch mal härter – nun, das ist ja nicht die Schuld der Behörden.
Ohnehin trotzt Thieß Brammers K. aufrichtig renitent, aber ...
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Theater heute Februar 2025
Rubrik: Chronik, Seite 57
von Stephan Reuter
Beseelt lächelnd lässt er sich die Schlinge um den Hals legen: Dietrich Bonhoeffer, der Erlöser. Dann wird es schwarz. Die Zahl der von den Nazis ermordeten Juden wird aufgerufen, dann kommen Aufrufe zum Widerstand gegen Antisemitismus, der 2023 mehr Applaus fand als je zuvor seit Beginn der Zählungen 1979: «As Dietrich said: Silence in the face of evil is itself...
Die vom Berliner Senat am 19. Dezember beschlossenen Kürzungen haben auch für die großen Sprechtheater einschneidende Folgen: Die Schaubühne am Lehniner Platz und das Berliner Ensemble müssen im Wirtschaftsjahr 2025 je 1 Million einsparen, das Deutsche Theater 1,588 Millionen und die Volksbühne 2 Millionen Euro. Immerhin die Kinder- und Jugendtheater Grips und...
In Deutschland wird heute eine Frau* getötet werden. Und morgen wieder. Und übermorgen wieder. Statistisch gesehen, vielleicht gibt es auch ein paar Tage Pause und dann eine kleine Serie. 360 Femizide zählte das BKA im Jahr 2023, dazu kommen 578 Tötungsversuche.
Es könnte etwa so abgelaufen sein: Ein Mann betritt den Tabakladen seiner Freundin oder vielleicht...
