«Ich war nicht der allmächtige Autor»
Jacqueline Bolton Die Inszenierung Sebastian Nüblings, die im September 2011 in Tallinn zur Uraufführung kam, anschließend in München und im Mai 2012 in London zu sehen war, unterscheidet sich beträchtlich von dem Text, den Sie zur Veröffentlichung autorisiert haben. Was ist der Grund dafür?
Simon Stephens Mein Text war nur der Ausgangspunkt dieser sehr speziellen Produktion. Sebastian und sein Team haben ihn als Vorlage benutzt, um daraus einen Aufführungstext für die Inszenierung zu entwickeln.
Ich war der Autor der Vorlage, aber auch ein Team-Mitglied im Probenprozess. Manche Veränderungen hatten rein pragmatische Gründe. Zum Beispiel mussten wir mitten in den Proben Ignatius, eine der Hauptrollen, umbesetzen. Nick Tennant hatte ursprünglich Charlie gespielt, hat aber gern die Rolle gewechselt. Ignatius war eigentlich eine bilinguale Figur, Nick kann aber kein Deutsch. Wir mussten die Rolle also umschreiben; dafür wurde dann Charlie zweisprachig und entsprechend neu besetzt.
Es gab ursprünglich auch nicht genug Rollen für estnische Schauspieler; Sebastian wollte aber möglichst viele Leute aus dem Ensemble des NO99 dabeihaben. Deshalb, und auch weil es Sebastian interessierte, ...
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Theater heute Jahrbuch 2012
Rubrik: Die Stücke des Jahres, Seite 72
von Jacqueline Bolton
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, sagt der Volksmund, was aber auch als subtiler Hinweis darauf verstanden werden kann, dass Geben und Nehmen kompliziert sind, denn zur Gabe gehört die angemessene Erwiderung: Genügt ein Lächeln? Muss mein Gegengeschenk den Wert des ersten womöglich übersteigen? Verpflichtet es mich vielleicht sogar ein Leben lang?
Hier...
Was für großartige Gestrigkeiten: Elf bieder-korrekte Anzugmänner und Kostümfrauen, ganz Schlips und Bügelfalte mit grauem Hut, tauchen aus den Tiefen der 60er Jahre, weit entfernt von jeder Eleganz, Uniformträger einer untergegangenen Angestelltenkultur aus dem Geist der Vollbeschäftigung, als noch kein Mensch übertrieben originell oder kreativ sein wollte,...
Duck ist 16 Jahre alt, hat lange braune Haare bis zur Taille, ein winziges Muttermal am Kinn und trägt eine große dicke Brille. Wenn so ein Mädchen wie sie ihre Brille abnähme und ihr Haar schüttelte, würde sich zeigen, dass sie ganz wunderschön ist, und zwar auf eine Weise, die bis dahin nicht erkennbar war. Leider ist Duck stark kurzsichtig. Ihre Brille nimmt sie...