Gewissen, Faust und Säure

Im Bielefelder Aisthesis Verlag sind drei Bände mit sämtlichen Kritiken und Essays (1909–1940) von Max Herrmann-Neiße erschienen

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Neben Kerrs und Polgars Kritiken haben auch die von Herrmann-Neiße eine noch immer aktuelle Aussagekraft und machen Lust auf Theater. Er liebte das Theater mit Körper, Verstand und Seele von Kindheit an. Mit Artisten, Akrobaten, Komikern beider Geschlechter und diverser Lebensweise wie Karl Valentin, Lisl Karlstadt, Hans Moser, Cläre Waldoff, Willi Schaeffers, Curt Bois und Paul Nikolaus war er befreundet. Eine ziemlich «schattenlose Glückseligkeit» erlebte er 1919 bis 1922, als er als Autor, Schauspieler und Kabarettist in Erscheinung trat.

Schon als Schüler hatte Max Herrmann mit Puppen Theater gespielt, Dramen verfasst über Kleopatra, den Spartakus-Aufstand sowie Märchenstücke mit Räubern und Indianern. In seiner Studentenzeit entwarf er weitere Stücke, die er 1919 überarbeitete und veröffentlichen konnte.

Die dreiaktige Komödie «Joseph der Sieger», formal mit Tiecks «Gestiefeltem Kater» und Pirandellos «Sechs Personen suchen einen Autor» vergleichbar, war eine bissige Parodie auf Gerhart Hauptmanns «Und Pippa tanzt» und huldigte Frank Wedekind mit ihren schrillen, im Zirkus und Bordell spielenden Szenen, gespickt mit Knallereien, Verführungen und Hochstapeleien. Der groteske ...

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Theater heute Juli 2023
Rubrik: Magazin, Seite 70
von Klaus Völker

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