«Frei sei die Liebe! Frei sei das Leben!»

«777/Die sieben Todsünden» von Adalbert von Goldschmidt an der Berliner Volksbühne sind ein in jeder Hinsicht verschwenderisches Unternehmen

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So ganz fällt dieser Abend nicht in den Zuständigkeitsbereich eines Sprechtheaterkritikers. Auch wenn «Volksbühne» drüber steht und Sophie Rois dem Ganzen ihr Gesicht leiht. Denn das wesentliche Verdienst dieser Produktion ist doch ein musikhistorisches: die Ausgrabung und fulminante Reanimation des Oratoriums «Die sieben Todsünden» des jüdischen Komponisten Adalbert von Goldschmidt (1848–1906), eines «jüdischen Wagnerianers», wie er in den Annalen geführt wird.

Die Rezeption des Goldschmidtschen Schaffens riss bald nach seinem Ableben und dann vollends mit der Machtergreifung der Nazis ab.

Und jetzt holen Regisseur Christian Filips und Dirigent Kai-Uwe Zirka das Werk also ins Bewusstsein zurück: gemeinsam mit dem Kammersymphonieorchester Berlin, mit wohl an -nähernd hundert Chorkräften der Sing-Akademie, mit Chören des Staats- und Domchors Berlin und neun Solist: -innen für die Partien von Dämonen und Menschen. Ein Himmelswerk und Teufelsstück. So voll hat man die riesige Volksbühne noch nie erlebt, und auch selten so tosend und wallend. Wobei die abgründige Feier der menschlich allzu-menschlichen Todsünden natürlich schon ganz gut ans Profil des Hauses andockt. «Frei sei die ...

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Theater heute Februar 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 16
von Christian Rakow

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