«Eines Tages wissen wir»

Sinnfragen mit und ohne Gott in neuen englischen Stücken: Simon Stephens’ melancholischer Bewusstseinsstrom «Steilwand» im Schauspiel Frankfurt und Enda Walshs Dostojewski-Bearbeitung «Delirium» am Staatstheater Mainz

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Gott hat es nicht leicht in anglophonen Theaterstücken. Zumindest der Engländer Simon Stephens und der Ire Enda Walsh bringen in ihren aktuellen Werken in der Hauptsache Beweise gegen seine Existenz vor. Ein Kind stirbt, weil es beim Spielen von einer Klippe fällt. Ein obszöner Vater wird von einem unbekannten Sohn getötet. Familien zerfallen, Selbstmorde und Verzweiflung lauern hinter bröckelnden Fassaden, kein metaphysischer Sinn spendet Trost.


 

Eine leise Katastrophe: «Steilwand»

Allerdings ist das Elend nicht auf die britischen Inseln begrenzt, sondern ein grenzüberschreitendes Projekt. Walsh bemüht russische Traditionen, sehr frei hat er Dostojewskis letzten Roman «Die Brüder Karamasow» adaptiert. Stephens hat das Unglück an den Sehnsuchtsort Südfrankreich verlegt. Etwas irreführend ist dabei die Titelübersetzung seines Stücks. «Sea Wall» heißt es im Englischen, «Steilwand» hat die deutsche Übertragung von Barbara Christ daraus gemacht. Die hochalpine Kulisse, die sich bei diesem Titel anbietet, hat allerdings nichts mit Stephens’ Ferien-am-Meer-Szenerie zu tun. Zwar ist sein Protagonist Alex beim Tauchen mit dem Schwiegervater überrascht von den steilen Abhängen, die das Meer ...

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Theater heute April 2010
Rubrik: Ausland/Neue Stücke, Seite 40
von Kristin Becker

Vergriffen
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