Die Inszenierung des Realen
Die «Rückkehr der Bürgerlichkeit» war in den letzten Monaten der große Dauerbrenner unter den Feuilletondebatten.
Bei allen Streitereien darüber, wie das angebliche Revival bürgerlicher Lebensart (Stichwort Messerbänkchen) denn nun einzuordnen sei, bei allem Gezeter darum, ob die Forderung nach mehr bürgerlichen Tugenden (Stichwort Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft) und Werten (Stichwort Familie und Gemeinschaft) bloß Propaganda der «Neokons» sei oder längst auch von links-liberalen Milieus getragen werde – bei alledem hätte sich vielleicht ein stellvertretender Blick auf das Stadttheater gelohnt, die Ex-Heimstatt des deutschen Bürgertums. Denn wer das Theater und sein Publikum beobachtet, erkennt: Das Bürgertum kehrt nicht zurück (und wenn nicht hier, wo dann?). Versprengte Intellektuelle, bildungshungrige Kleinbürger und Aufsteiger: ja. Aber nicht jenes tonangebende, traditionsbewusste, spendierfreudige Besitzbürgertum, das die Apologeten der Bürgerlichkeit so schmerzlich vermissen.
Gibt es denn überhaupt noch so etwas wie bürgerliches Theater? Diese Frage kam einem während der Jahrestagung der Dramaturgischen Gesellschaft, die Ende Januar im Haus der ...
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Kurzweil und Bildung, Vergnügen und Erkenntnis, Schönheit und Moral – das sind so die unvereinbaren Gegensätze, deren Versöhnung dem deutschen Theater seit ein paar Jahrhunderten aufgebürdet wird.
Kaum ein Theaterstück balanciert so heikel auf diesem schmalen Grat der Theaterutopie wie Brechts «Dreigroschenoper». Meistens dient sie nur als Beweisstück dafür, dass...
Die Führung beginnt beim «Führerdenkmal». Erinnert wird hier aber nicht an Adolf Hitler, sondern an Joseph Beuys. In dem kleinen Raum liegt ein riesiger Kopf, die vergrößerte Nachbildung der «Original-Totenmaske» des Künstlers. Eine Wand des Zimmers stellt die Berliner Mauer dar, es liegen Butterziegel drauf. Im weit aufgerissenen Mund des toten Beuys befindet...
Dass es nicht mehr opportun ist, das künstlerische Genre der Fernsehserie gering zu schätzen – das spricht sich herum. Aber wenn dieser noch vor wenigen Jahren eher belächelten Kunstform inzwischen sogar moralische Qualitäten nachgesagt werden, horcht man doch immer noch auf. Wie erst, wenn das Ganze weltpolitische Maßstäbe annimmt!
Schenkt man der «taz» Glauben,...