Der Aufmerksamkeitsterrorist

Zweimal Goethes Werther: Florian Fiedler inszeniert die Leiden in der Frankfurter Schmidtstraße, Sebastian Schug in der Bearbeitung «Werther.Phantome» am Staatstheater in Kassel

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Es gibt natürlich eine Webseite. Auf www.die-leiden-des-jungen-werther.de kann man sich die Briefe des längst tot Geglaubten als Mail schicken lassen, täglich oder – zur Wahrung des Zeitgefühls – den datierten Abständen folgend. Ein Hauch von «norway.today» durchweht den Klassiker. Man kann auch Seiten suchen, die Werther und Kurt Cobain in einen Zusammenhang bringen: Google spuckt 11.000 mögliche Fundstellen aus. Terrordrom-Autor Tim Staffel hat sich mit dem Werther beschäftigt und natürlich Nicolas Stemann. Und, ach ja, André Eisermann hat mit ihm ein Hörbuch besprochen.

Wer redet da noch von Plenzdorf?

Einfach macht er einem die Sache dennoch nicht, dieser Werther, dieser (freiwillige? mutwillige?) Außenseiter, der in einem Augenblick die schönsten, innigsten Zeilen schreibt, im nächsten aber mit seiner hochtrabenden Eitelkeit und Ich-Fixiertheit unerträglich wird. Der Lotte liebt und die Kunst – oder doch nur sich selbst? Der sich umbringt, und man weiß nicht, war das nun wirkliche Verzweiflung oder wieder eine Inszenierung oder beleidigte, rechthaberische Rache? Man kann diesen Kerl bewundern, auch schätzen, vielleicht sogar lieben – zu einem Helden kann man ihn eigentlich ...

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Theater heute April 2005
Rubrik: Aufführungen/Vergleiche, Seite 14
von Florian Malzacher

Vergriffen
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