Der Aufmerksamkeitsterrorist
Es gibt natürlich eine Webseite. Auf www.die-leiden-des-jungen-werther.de kann man sich die Briefe des längst tot Geglaubten als Mail schicken lassen, täglich oder – zur Wahrung des Zeitgefühls – den datierten Abständen folgend. Ein Hauch von «norway.today» durchweht den Klassiker. Man kann auch Seiten suchen, die Werther und Kurt Cobain in einen Zusammenhang bringen: Google spuckt 11.000 mögliche Fundstellen aus. Terrordrom-Autor Tim Staffel hat sich mit dem Werther beschäftigt und natürlich Nicolas Stemann. Und, ach ja, André Eisermann hat mit ihm ein Hörbuch besprochen.
Wer redet da noch von Plenzdorf?
Einfach macht er einem die Sache dennoch nicht, dieser Werther, dieser (freiwillige? mutwillige?) Außenseiter, der in einem Augenblick die schönsten, innigsten Zeilen schreibt, im nächsten aber mit seiner hochtrabenden Eitelkeit und Ich-Fixiertheit unerträglich wird. Der Lotte liebt und die Kunst – oder doch nur sich selbst? Der sich umbringt, und man weiß nicht, war das nun wirkliche Verzweiflung oder wieder eine Inszenierung oder beleidigte, rechthaberische Rache? Man kann diesen Kerl bewundern, auch schätzen, vielleicht sogar lieben – zu einem Helden kann man ihn eigentlich ...
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Der Bühnenboden ist hochgeklappt und präsentiert ein großes plastisches Bild. Es könnte eine Satellitenaufnahme des Irak sein. Wäre das der Fall, lägen unten im Süden die Ausgrabungsstätten von Ur und weiter oben Bagdad. Etwas später klappt der geopolitisch brisante Ausschnitt der Welt einfach weg und wird zum Spielgrund einer «Egmont»-Variante, in der die...
Als das Kölner Schauspielhaus am 8. September 1962 eröffnet wurde, hatten hier Schillers «Räuber» Premiere. Die lassen es bekanntlich krachen, und das macht sich, um einen Anfang zu setzen, immer gut. Schon elf Jahre zuvor hatte Düsseldorf mit demselben Stück sein Schauspiel von der Oper getrennt, und so war der Rivalität der beiden Diven am Rhein einmal mehr...
Die Arbeit des Andryi Zholdak, Direktor des Staatlichen Schwetschenko-Theaters in Charkow, einer Stadt, die man aus Tolstoj-Romanen bestens zu kennen glaubt, und Träger des Unesco-Regiepreises, wird gemeinhin als «Theaterwunder» bezeichnet. Muss man also mal unter die Lupe nehmen. Herr Zholdak stammt aus einer «Intellektuellenfamilie der Ukraine», wie es in allen...