Das Ibsen-Woodstock

Bevor Vegard Vinge und Ida Müller mit «John Gabriel Borkman» an der Berliner Volksbühne Skandale anzettelten und Erfolge feierten, haben sie mit ihren extremen Ibsen-Lesarten die norwegische Theaterszene verstört und aufgemischt

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 Der Regisseur Vegard Vinge und die Bühnenbildnerin Ida Müller brachten 2009 bei den Festspielen in Bergen ihre dritte norwegische Ibsen-Inszenierung heraus. Für mich wurden diese zehn Tage, an denen die «Wildente» in immer neuen Versionen und Überlängen gespielt wurde, das größte Theatererlebnis meines Lebens. Vieles, was in ihrer jüngsten Berliner Arbeit «John Gabriel Borkman» im Prater der Volksbühne zu sehen ist, war in der «Wildente» bereits angelegt.

Umgekehrt kamen in der ersten Arbeit von Vinge/Müller, die ich gesehen habe – einer Performance in ihrem damaligem Atelier in Berlin-Pankow – die entscheidenden Elemente schon vor: An den Wän­den hingen Comic-artige Popart-Bilder von abgetrennten Geschlechtsorganen, Babys oder weißen Badezimmerfliesen. Opernarien erklangen. Eine Frau mit einer Gummimaske bewegte sich zwischen den etwa 20 Zuschauern, in den Händen eine Torte und eine Schlagsahnensprüh­dose. Im Nachbarzimmer saß ein Mann in der Uniform eines Sergeanten. Am Ende der kleinen Vorstellung lag die Frau mit hochgezogenem Rock und gespreizten Beinen auf dem Boden.
Als die Festspiele in Bergen vor der Tür standen, hatten Vegard Vinge und Ida Müller bereits zwei ...

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Theater heute Mai 2012
Rubrik: Theatertreffen Berlin, Seite 28
von Therese Bjørneboe

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