Crazy East

Wie gut, dass es den Osten gibt! Ohne die blühenden Landschaften Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns wäre der deutsche Film um ein gefühliges Genre ärmer. Seine elegische Schönheit speist sich aus der herben Natur, die nach dem Auszug des Volkes die Überreste sozialistischer Ruinen überwuchert, und aus den buchstäblich Zurückgebliebenen, deren melancholisches Schicksal die Handlung antreibt. Minimalistische Schnitte und stille Einstellungen bestimmen die Optik, lakonische Blicke und beredtes Schweigen den zwischenmenschlichen Austausch.

Theater heute - Logo

Seit Detlev Bucks «Wir können auch anders» (1993) haben jedenfalls viele Filmemacher ihre Westernsehnsucht im deutschen Nordosten ausgetobt, zuletzt Pepe Planitzer (Jahrgang 1969), dessen «Alle Alle» (2007) jetzt in die Kinos kommt. Das Drehbuch geht auf Oliver Bukowskis Theaterstück «Burnout» von 1992 zurück: verrückte Zeiten, damals kurz nach der Wende. Und es scheint, als wären verrückte Protagonisten ihr idealer Ausdruck gewesen.



Standen bei Buck zwei irre Brüder im Mittelpunkt, wird jetzt der Heimbewohner Hagen (Eberhard Kirchberg) samt zahmer Ratte zu seinem Onkel aufs Land geschickt. Doch statt bei der angeblich pflegewilligen Verwandtschaft landet Hagen beim Trinker Domühl (Milan Peschel), dessen kleines Gerüstbauunternehmen gerade pleite geht. Anfangs genervt und überfordert, freundet sich Domühl mit dem gutmütigen Hagen an – und erobert die spröde Nachbarin Ina, eine auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassene Getränkeverkäuferin (Marie Gruber). Alles steuert schon auf ein Happy End für die drei Desperados zu, da wendet sich das Blatt noch einmal gründlich.

Von der Tragödie eines entvölkerten Landstrichs, die hinter den individuellen Dramen aufscheint, erzählt der Film in ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juli 2008
Rubrik: Magazin, Seite 61
von Eva Behrendt

Vergriffen
Weitere Beiträge
Gegenkritik: Elmar Goerden

Die Personalie Goerden wirft einen zunehmend großen Schatten auf das Bochumer Schauspielhaus. Weder der Intendant noch der Regisseur werden seinem künstlerischen Ruf gerecht. Im Gegenteil, meine Arbeit schadet augenscheinlich der Reputation der Theaterstadt Bochum. Ich muss Sie von diesem Befund nicht erst überzeugen, stammt er doch größtenteils von Ihnen. Ich bin...

Der notwendige Luxus

Theater heute«Bunnyhill», das Projekt der Münch­ner Kammerspiele, das sich 2004 mit der Situation Münchner Jugendlicher im «Problembezirk» Hasenbergl beschäftigte, war die Initialzündung für den Fonds «Heimspiel» der Bundeskulturstiftung. Dieser Fonds fördert Projekte im Stadttheater, die sich explizit auf ihr soziales Umfeld und neue Publikumsschichten beziehen....

Gestalten mit gesenktem Kopf

Mit der Bildenden Kunst verhält es sich nicht anders als mit dem Theater. Im entscheidenden Augenblick ist auch sie davon abhängig, wann und wo sie gezeigt wird. Auch ihr Erfolg hängt wesentlich vom Kontext ab. Das gilt für einzelne Arbeiten oder Installationen ebenso wie für eine monografische Werkschau, wie sie jetzt in Halle an der Saale gezeigt wird: «Einar...