«Assad ist radikal, nicht das Volk»

Der Schauspieler und Theatermacher Ayham Majid Agha verließ Syrien vor drei Jahren. Jetzt spielt er am Gorki Theater. Ein Gespräch über die hoffnungslose Lage in Syrien,mediale Missverständnisse und deutsche Willkommenskultur

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Es regnet, als ich Ayham Majid Agha auf der Terrasse der Gorki-Kantine treffe. Der 35-jährige Schauspieler und Theatermacher sitzt als einziger unter einem der Sonnenschirme und blättert im vielsprachigen Textbuch von Elfriede Jelineks/Aischylos «Die Schutzbefohlenen», das Ende Oktober in der Regie von Sebastian Nübling Premiere haben wird; gerade kommt er von den Proben.

Außerdem erschreckt er in Yael Ronens Ensemblestück «The Situ­a­tion» als Syrer Hamoudi den von seiner eigenen Hilfsbereitschaft beseelten Deutschkursleiter Stefan (Dimitrij Schaad) mit fiesen Enthauptungsmärchen vom bösen IS. «IS is a joke», sagt Aghas Hamoudi mehrmals im Stück – und auch im Interview wird er diesen Satz viele Male sagen.

Agha blieb 2013 eher zufällig in Deutschland, als er nach einem Gastspiel bei den Theaterformen in Hannover nicht mehr in den Libanon seit Kriegsbeginn pendelte Agha zwischen Beirut und Damaskus reisen durfte. Inzwischen ist er mit der Berliner Autorin Olga Grjasnowa verheiratet und vor wenigen Wochen Vater geworden. Noch bevor ich die erste Frage stellen und das Aufnahmegerät einschalten kann, fängt Agha auf Englisch an zu erzählen.

Ayham Majid Agha Als die Revolution im ...

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Theater heute November 2015
Rubrik: Festung Europa, Seite 44
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