Singendes Sicherheitsrisiko
Es gibt viele Legenden über Händl Klaus. Wer ihn, den Tiroler, am Schweizer Bielersee besucht, berichtet von der vorzüglichen Bewirtung durch ihn, den erstklassigen Buchtelbackkünstler. Auch seine übersprudelnde, herzliche Freundlichkeit, seine Wortzuschüttungen, die einen verstummen lassen, nachdem man nur kurz um die Uhrzeit bat, finden sich in Beschreibungen. Fängt man an, in seiner Gegenwart zu sprechen, malt er seltsame Cluster auf Papier und schreibt Worte, Sätze, Assoziationen hinein, mit Verbindungslinien, die eine geheime Seilschaft herstellen.
Sein geübter Strich über weißes Papier verweist, wie auch sein Dichtername Händl Klaus, auf den Handwerker mit eigener Handelsvertretung für geschliffene Sätze und gedrechselte Worte. Jedenfalls könnte das ein Eintrag im Register aussterbender Berufe sein. Seine Zettelsammlung, die mit den Clustern, befindet sich in einem labyrinthischen Archiv im Keller eines fremden Wohnhauses, wo er als Haushälter das Herrsein probiert, sagt man.
Legenden über Händl Klaus sind immer auch Verstellungen, hier versteckt sich jemand hinter Erzählungen, die er in Hülle und Fülle mündlich zur Verfügung stellt, bevor er dann doch plötzlich ...
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Theater heute Jahrbuch 2008
Rubrik: Neue Stücke der neuen Spielzeit, Seite 161
von Matthias Günther
Eine Zweite, die schon oft Erste war, ist Sandra Hüller. In Tom Lanoyes Antikenbearbeitung «Mamma Medea» lehrt die Nachwuchsschauspielerin des Jahres 2003 als kolchische Königstochter nicht nur die Korinther das Gruseln. Hüllers radikal Liebende scheitert in der (ihrerseits zweitplatzierten) Inszenierung von Stephan Kimmig von Anfang an daran, Liebe und Identität...
Eine Krise ist immer eine gute Sache. Wenn das Theater sich selbst abschafft, dann werden wir dieses Schauspiel genießen. Untergang ist überhaupt das beste Schauspiel.» (Boris Groys) Im Berliner Landwehrkanal, in den im Januar 1919 – wie in Brechts «Ballade vom ertrunkenen Mädchen» poetisiert – die ermordete Rosa Luxemburg geworfen wurde, dümpelt 2008 ein...
Dieser Mann muss sich mit der Kneifzange rasieren. Zu viele Hormone. Schnurrbart ist kein Wort für den borstigen Oberlippen-Propeller im zarten Gesicht des Jens Harzer. Jack Nicholson spielte einst in Roman Polanskis «Chinatown» den halben Film mit einem Nasenpflaster im Gesicht, und schon dieser Fremdkörper war eine Zumutung. So ähnlich müsste es doch Harzer mit...