Swan Lack - Thank u ma'am

Michael Clark, der Ballettpunk von einst, betreibt seine eigene Retro-Welle

Sie sind schon so oft erzählt worden, die Geschichten von Drogen-Cocktails und Entziehungskuren. Michael Clark, die Punk-Rakete des Balletts, heiratete 1989 den Choreografen Stephen Petronio. Zur Besiegelung ihrer Beziehung trieben sie es in einer Londoner Galerie live vor geladenem Publikum. Der Ballerino als Punk, das war mal große Fallhöhe: Ein hochbegabter Spross des Royal Ballet springt 1985 in London zu ruppigen Gitarren-Riffs mit einem Riesen-Dildo unter der Servierschürze quer über die Bühne seines Stücks «Our caca phony H».

Michael Clark fühlte sich dabei durchaus wohl und in historischer Tradition. Er gab den verwegenen Nijinsky, der sich weigerte, den Edel-Prinz zu tanzen, weil ihm die Schwuchtelrolle der Odile/Odette besser gefiel. Dass all dies nur ein Wimpernschlag der Massenmode war, die sich damals mit den Sex Pistols und Vivienne Westwood identifizierte, erkannte man daran, dass Clark stets brav im Vokabular der Danse d’école verblieb und nichts Eigenes hinzutat.

Er war der Ballerino, der das Coming-out einer Generation von Schwulen und Lesben feierte. Clark war ihr sprunghafter «Bruder Camp», der Mann, der sich traute, die Tunten-Fantasien namhafter Kostümdesigner ...

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Tanz August/September 2009
Rubrik: On Tour, Seite 72
von Arnd Wesemann

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