Heidelberg
Nanine Linning kennt keine Berührungsängste. Schon vor Jahren holte sie bei «Francis Bacon» ihre Zuschauer auf die Bühne, und auch beim «Requiem» in Osnabrück ließ sie es nicht bei bloßer Tuchfühlung bewenden. Noch nie hat sie allerdings ihr Publikum so zu Performern gemacht wie in «Hieronymus B.» In zwei Gruppen eingeteilt, führt ein Parcours die Besucher zunächst über Hintertreppen durch das Heidelberger Theater.
Die eine findet sich wenig später auf der Bühne inmitten einer bizarren Bildwelt wieder, bestückt mit bewegten Skulpturen des holländischen Künstlerduos Les Deux Garçons. Der Weg der anderen endet im Saal, wo man erst per Video-Einblendung etwas über die Zeitumstände erfährt, in die das Werk des Geehrten eingebunden ist, um dann hinter dem Portalschleier sozusagen das eigene Pendant zu entdecken: unfreiwillige Darsteller ihrer selbst, die sich unbeobachtet wähnen, während sie selbst beobachtend dem Bühnengeschehen beiwohnen.
Und das ist fantastisch genug. Eine Frau windet sich da aus einem Schlüsselloch. Jemand anders klemmt sich zwischen die Saiten einer Harfe. Den Lappenhut aufgesetzt, hat sich der Mittelaltermann auf einem Fass platziert, während nebenan ein Boat Man ...
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Tanz März 2015
Rubrik: kalender und kritik, Seite 40
von Hartmut Regitz
ausstellung_________
anne teresa de keersmaeker versucht sich an einer getanzten Installation. Unter dem Titel «Work/Travail/Arbeid» erarbeitet sie ihr Stück «Vortex Temporum» aus dem Jahr 2013 neu: Das polyphon strukturierte Werk, das mit der Linearität und dem Zyklus-Charakter von Zeit spielt, setzt sie der radikal anderen zeitlichen und räumlichen Situation...
Groß, schmal und elegant, entspricht dieser Russe so gar nicht dem alten Klischee der Bolshoi-Kraftpakete, die als muskelbepackte Machos durch sowjetische Repertoire-Knüller wie «Spartacus» stürmten. Der 26-jährige Vladislav Lantratov gehört zu einer neuen Generation junger Solisten, die Alexei Ratmansky und Sergei Filin in den letzten zehn Jahren in der...
Die Bühne des Theaters St. Gallen gleicht dem Schaufenster eines Blumenladens vor dem Valentinstag: Rund um den Bühnenrand reiht sich Herz an Herz. Oben in der Mitte hängt das größte – zerbrochen. Hier wird «Roméo et Juliette» gegeben, nicht mit der üblichen Ballettmusik, sondern zur Dramatischen Sinfonie von Hector Berlioz. Beate Vollack, die neue Tanzchefin in...