Transition

Der Schlaf, die Zeit und der Tod: Jan Fabres «Requiem für eine Metamorphose», im Unruhestand seiner Entstehung betrachtet von Arnd Wesemann

Du musst ausgeschlafen sein, wenn du Leistung erbringen willst. Diese mütterliche Ermahnung stieß immer schon auf Widerspruch: Der Wunsch, endlich auszuschlafen, entspricht zu genau der Frage, warum man überhaupt etwas leisten soll. Was die Schule von einem will, wird an den Zeitpunkt ihres Unterrichtsbeginns geknüpft; man nennt das eine Verabredung. Wie die verabredete Uhrzeit einer Sitzung, eines Abflugs, eines Probenbeginns. Dieser Zeitpunkt ist der Feind des Ausschlafens.

Dass man diesen Zeitpunkt trifft, also recht-zeitig ist, simuliert allein schon eine Leistung, die sich allein der Überwindung des Schlafs verdankt.

So wird von klein auf gelernt, Schlaf zu überwinden. Schlaf hat nur einen Freund: Die Frage, warum man überhaupt etwas leisten soll. Man leistet, um etwas zu überwinden: Trägheit, Muße, die Zeit selbst. Leistung = Energie. Gemessen wird sie von Schulzeiten an in der Fähigkeit, in kürzester Zeit ein Maximum an Hausaufgaben und Trainingseinheiten zu erledigen. Um Zeit zu gewinnen, die unmöglich wieder an das Ausschlafen, an Trägheit und Muße verschwendet werden darf. Man kann nicht seine Energie für den gleichen Preis opfern, den es gekostet hat, sie zu ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von tanz? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle tanz-Artikel online lesen
  • Zugang zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von tanz

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Tanz Jahrbuch 2007
Rubrik: Schwerpunkt, Seite 72
von Arnd Wesemann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Sidi Larbi Cherkaoui

Das Schöne an Sidi Larbi Cherkaoui ist, dass er so vieles gleichzeitig sein kann. Marokkaner und Belgier, ernsthaft und übermütig, systematisch und sehr spontan. Alle nennen ihn Larbi, weil dieser Name unsereinem doch leichter von der Zunge rollt als Cherkaoui. Er ist ein Mann Anfang dreißig, sehr schmal, sehr zart, mit weißer, fast durchscheinender Haut, der...

Martin Harvey

I am no xenophobe. The roster of non-British dancers that dominates the upper echelons of the Royal Ballet causes me no heart-ache whatsoever. However, my choice of Martin Harvey recognises a remarkable phenomenon: the phoenix-like resurgence of the British tradition of great dance actors, which he currently spearheads. The clarion call sounded this season when he...

Üben

Will ich in Tokio Unterricht nehmen in japanischem Bogenschießen, kann ich nicht einfach in ein Studio gehen und loslegen. Ich benötige einen japanischen Bürgen, der für mich spricht, ein gutes Wort einlegt. Nur so erhalte ich die Einladung zu einer Probestunde, die darin besteht, dass ich – im Beisein des Bürgen – den Übenden zuschauen darf.

Zweieinhalb Stunden...