
Kati Ivasti-Barki, Julia Brendle; Foto: Maor Waisburd
Stuttgart: «Medea, Tanzverse V»
Erbarmen mit den Frauen! Radikaler lässt sich die Forderung Henry de Montherlants, 1936 in seinem vielleicht zu Recht vergessenen Roman formuliert, kaum verkörpern. Denn Julia Brendle, Katja Erdmann-Rajski und Kati Ivasti-Barki kaschieren ihre Blöße nicht. Sie reizen sie vielmehr tanzend aus – provozierend in einer Nacktheit, die hier keinen Voyeurismus duldet, sondern eher etwas Beschämendes hat.
Auf eine unerklärliche Weise fühlt man sich von ihr betroffen, wenn nicht sogar mitschuldig gemacht an einem Schicksal, das Euripides vor mehr als zwei Jahrtausenden in seiner «Medea» in Worte fasste.
Katja Erdmann-Rajski zitiert auch hier aus ihrem Textmaterial, so wie sie das zuvor bei den anderen «TanzVersen» tat. Aber sie ist weit davon entfernt, den Mythos deshalb einfach abzubilden. Auf der Bühne gibt es keine Kinder, die ihre dreifache Medea hätte ermorden können. Schon gar nicht die eigenen, mit denen sie stellvertretend deren treulosen Vater tötet. Vielmehr bettet die Choreografin ihren «nackten Wahnsinn» ein in ein Stück Tanztheater, das ebenso vielschichtig ist wie aussagekräftig. Zwar erklingt aus der Ferne immer mal wieder eine Passage aus der Suite für Violoncello solo von ...
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Tanz Februar 2018
Rubrik: Kalender und Kritik, Seite 44
von Hartmut Regitz
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