Seelenforscher

Der Choreograf Gil Harush trendet – nicht nur mit seiner Kunst, sondern auch mit dem Parallelberuf: als Psychotherapeut. Getroffen hat ihn Bettina Trouwborst

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«Wahrscheinlich denken Sie, dass ich homosexuell bin. Aber vielleicht bin ich es nicht. Sondern bisexuell, metrosexuell, vielleicht asexuell. Oder ich finde es einfach nur schön – und das ist alles». Gil Harushs Blick streift seine schwarz lackierten Fingernägel, die mit seinen schwarzen, kreisrunden Ohrsteckern harmonieren. Er spricht schnell und eindringlich. Keine Sekunde entlässt er sein Gegenüber dabei aus den dunklen Augen, hinter denen ein Feuer zu glimmen scheint.

Unter diesem festen Blickkontakt kontrolliert man sogleich seine Gedanken – immerhin ist der Mann nicht nur Choreograf, sondern auch Psychotherapeut. Und er hat recht. Unser Thema ist gerade Gender-Performance. «Wir beurteilen einander ständig nach den Äußerlichkeiten – nicht nur im Schlafzimmer, egal wo wir sind», so der Israeli, der Psychotherapie im Ballettsaal als sein choreografisches Werkzeug bezeichnet.

Gil Harush zieht einen in seinen Bann. Seine Persönlichkeit ist von der gleichen Intensität geprägt wie seine Tanzstücke. Darin steht er ganz in der Tradition wichtiger israelischer Choreografen wie Ohad Naharin oder Itzik Galili. Harush ist einer der prominentesten Tanzschöpfer der neuen Generation, bei ...

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Tanz Februar 2023
Rubrik: Menschen, Seite 32
von Bettina Trouwborst

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