Lachen

Ein Essay über traditionelles, avantgardistisches und burlesques Gelächter.

1 Traditionelles Lachen

«Heute Abend werden wir ernsthaft lachen»,
sagt Jos Houben. Er macht eine blöde Geste, und wir lachen. Warum? Gute Frage. Hatten wir eine Wahl? Wir sind der Willkür der komischen Person ausgeliefert. Wir müssten es ihr ernstlich übelnehmen. Jos Houben, der in Potsdam eine kleine lustige Reihe mit dem Titel «4 Tage Tanz ... Lachen!» eröffnete, unterrichtet sonst Schauspieler, Tänzer, Artisten, lehrt Körpersprache, das Stolpern und damit den Fall des Menschen unter seine Würde.

Houben, der berühmte Schauspieler bei Peter Brook und dem Théâtre Complicité, ist ein Meister der «Art of Laughter», eine Kunst, die er im Tanz entdeckt hat. Tanz ist für ihn der Beweis, dass wir mit beiden Beinen nie fest auf dem Boden stehen können. Schuld ist unser Hang zur Vertikalen, unsere Obsession, alles nach Höhe und Größe positiv zu beurteilen: den großen Bruder, den großen Mann, das hohe Haus, den Aufstieg auf der sozialen Leiter, alles will nach oben, in den Himmel und ins Paradies.

Wenn der Tänzer stolpert,
ist es peinlich, wenn er noch mal stolpert, ist es amüsant. Warum? Jos Houben: «Wer stolpert, wird zum Objekt.» Das reicht fürs Lachen nicht. Im Gegenteil, wir bekommen ...

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Tanz März 2009
Rubrik: New Burlesque, Seite 20
von Arnd Wesemann

Vergriffen
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