Don Quijote
Auf ihn wartet man, man macht ihm die Aufwartung: einem Rentner. Er kümmerte sich bis 2005 um die Tänzer bei der Zentralen Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung. Zuvor gab er den zweiten Vorsitzenden im Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik, 1977-94. Der Schlachtruf, kein Tänzer muss aufhören zu tanzen, wenn er nichts Besseres zu tun hat, kommt auch bei ihm gut: bei Don Quijote.
Don Quijote alias Günter Pick, 65, alert und alterslos. Okay, das mit dem Alters-Los überlegen wir uns noch. Zuerst: Auftritt Don Quijote im Irrenhaus.
In der Zwangsjacke macht er höfische Knickse, sagenhafte sieben Ärzte kümmern sich um zwölf Insassen. Wann gab’s denn das mal, so viel Personal und ihr dauerndes Verlangen nach Ruhe und Ordnung? Vielleicht nach dem 2. Weltkrieg, im Alexianer-Nebenkloster in Roetgen, einem Städtchen in der Eifel, in dem Pick aufwuchs? Kopfwunden und Kriegsverstummte, so sehen sie aus, die Tänzerpatienten in Braunschweig, die ihrem Kummer mit zarten Bewegungen zwischen Yoga- und Drogendelirium frönen.
Wir sind: im Hühnerkäfig-Bühnenbild von Thomas Pekny, also im Vorgestern. Pantomime macht sich breit. Don Quijote, kaum eingeliefert, reitet einen Pfleger wie Rosinante. ...
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Reinhild Hoffmann war ein Star des deutschen Tanztheaters, zuerst in Bremen, zuletzt am Schauspielhaus Bochum, das 1995 die Tanzsparte aufgab. Seitdem inszeniert sie Opern, klassische Werke wie 2003 Strauss’ «Ariadne auf Naxos» und zeitgenössische wie 2005 zusammen mit Isabel Mundry «Das Mädchen aus der Fremde» am Mannheimer Nationaltheater. Im Januar ehrte die...
Martin Puttke, wir sitzen hier in der Intendanz des Staatsballetts Berlin, wo Sie kürzlich einen Workshop gegeben haben. Was haben Sie den Tänzern beigebracht? Mich beschäftigt schon lange die Frage, wie wir die Klassiker lebendig bekommen. Wir sehen ja, dass Tänzer Schwierigkeiten haben, uns den Siegfried oder die Giselle als heutige Figuren glaubhaft zu machen....
Heiner Müller, größter aller DDR-Dramatiker, ließ in seinem gewaltigen Textopus «Anatomie Titus Fall of Rome» – eine Überschreibung von Shakespeares Blut- und Rachedrama «Titus Andronicus» – das Volk im Vorhof des Palastes tanzen. Und schrieb dazu Sätze in bombastischen Lettern wie:
«AUS IHREN NETZEN SCHAUN DIE SPINNEN ZU EIN WENIG TANZEND IN DEM WELLENGANG MIT DEM...