Britta Lieberknecht «Berühren – Zerreissen»
Es kursiert eine flotte Soziologenformel für das Sexualverhalten in westlichen Gesellschaften: Wir seien konstant «oversexed und underfucked», so lautet die Diagnose, will sagen: Während die Medien für den erotischen Overkill sorgen, passiert realiter nicht viel. Der Grund: Auch das Intimleben ist Stress, wenn im Kamasutra der Fiktionen die Lust zu einer Frage gelungener oder gescheiterter Inszenierung gerät. Eine dieser Dramatisierungen sieht so aus: Ein Liebespaar fetzt sich die Klamotten vom Leib. Im Theater gehört so etwas im Ranking trivialer Reißer ganz nach oben.
Solche Szenen brauchen Mut zu Kitsch und Drastik, oder sie brauchen Ironie. Die Kölner Choreografin Britta Lieberknecht bringt in ihrer Produktion «Berühren – Zerreißen» beides verwirrend gut zusammen.
Das Paar auf der Bühne durchlebt offenbar eine spannungsvolle Beziehungsphase und lässt keine Gelegenheit aus, miteinander in Konkurrenz zu treten. Unterwäsche ist über Stuhllehnen gespannt, ein Herren- und ein Damenset, knitterfrei. Olaf Reinecke und I-Fen Lin ziehen je ihren «Einkleide-Stuhl» an einem Faden zu sich heran – um danach ihrer Klamotten-vom-Leib-reißen-Leidenschaft zu frönen. So amüsant hat man sie ...
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