Die Waffen nieder!

Eine wichtige Wiederentdeckung: Riccardo Zandonais «Giulietta e Romeo» in Braunschweig und Erfurt

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Kriegsspiele haben Tradition. Auf Holzsoldaten folgten Zinnfiguren, dann kamen Armeen aus Kunststoff, bevor Spielzeugblaster und Ego-Shooter für den bislang letzten Evolutionssprung des homo ludens sorgten. Es gibt aber auch ziemlich intellektuelle Formen der Kriegsspielerei: Die eine heißt Schach, die andere Regietheater. Friedensbewegte Zeitgenossen meinen, allein der Besitz von Waffen führe zwangsläufig zu deren Einsatz. Für Theater und Opernhäuser gilt das ohne jeden Zweifel.

Und das gute Gewissen liefern sie auch gleich mit, sind doch die Machinationen von Krieg und Gewalt, die uns mittlerweile jedes Haus vorsetzt, selbstverständlich kritisch intendiert.

Nun wird in Opern eher gepflegt gemordet, nämlich individuell und motiviert. Um kollektive Katastrophen zeigen zu können, müssen die Libretti umgeschrieben, Zeit und Ort verfälscht werden. Dieses Los ereilte jetzt auch Riccardo Zandonais Liebesdrama von 1922 – und das gleich doppelt. Braunschweig verlegt «Giulietta e Romeo» in den Ersten Weltkrieg, Erfurt in den Zweiten. So erfreulich Inszenierungen durch gleich zwei deutsche Bühnen sind, so ärgerlich sind die faden «Aktualisierungen»; einem Außenseiter wie «Giulietta e ...

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Opernwelt Juni 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Volker Tarnow

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