Wassermusik
Nach zwei reduzierten «Herbsteditionen» in den Corona-Jahren meldeten sich die Schwetzinger Festspiele 2022 mit zwei Aufführungen zurück und knüpften damit an die langjährige Schwetzinger Tradition der Mischung aus Alt und Neu an.
Die Uraufführung galt in Koproduktion mit den Bregenzer Festspielen Johannes Kalitzkes Oper «Kapitän Nemos Bibliothek», die Ausgrabung Giuseppe Gazzanigas Buffa «L’isola d’Alcina», die bereits 1773, ein Jahr nach ihrer venezianischen Premiere, den Weg ins Rokokotheater gefunden hatte und nun in einem Gastspiel des Staatstheaters Oldenburg dorthin zurückkehrte. «Es gibt kein richtiges Leben im falschen», hatte einst Adorno geschrieben. Wohl aber kann es ein falsches Leben im richtigen geben. So wenigstens zeigt es Per Olov Enquists Roman «Kapitän Nemos Bibliothek», der auf einem wahren Vorfall beruht. In einem schwedischen Dorf voller Armut und bigotter Religiosität werden zwei Jungen geboren, ICH und Johannes. Sie wachsen zusammen auf, sind Freunde, bis sich herausstellt, dass sie nach der Geburt vertauscht wurden. Sie werden ihren wahren Eltern zurückgegeben. Damit beginnt ein Kreislauf von Gewalt und Wahnsinn, der alle Beteiligten ins Unglück stürzt. Die Mütter verfeinden sich – Josefina verbittert, Alfild stirbt. Die Kinder erleben ein Trauma. Das Erwachsenwerden bedeutet für sie Fortnehmen, Verlassen, Verlieren, beide flüchten in eine Fantasiewelt. Ein imaginiertes U-Boot wird ihr Rückzugsort aus einer unmenschlichen Umwelt, Kapitän Nemos Bibliothek zum Archiv ihrer Erinnerungen, in dem sie zu sich selbst finden. Am Ende versenken sie das Boot und gehen mit ihm unter. ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 12
von Uwe Schweikert
Immer mit einem Fez auf dem Kopf für die Touristen herumstehen, das fetzt auch nicht so richtig. Also wirft Rafał Tomkiewicz als Nireno den Kaftan ab und legt einen Bauchtanz hin, während ein Klavier die barocke Orchesterbegleitung ins Kaffeehaus verlegt, zu finden wahrscheinlich im filmmythischen Casablanca. Der musikalische Leiter macht das willig mit,...
Nein, Rivalinnen sind Véronique Gens und Sandrine Piau nicht. Aber nun haben sie erstmals gemeinsam ein Recital aufgenommen, das zwei historischen Vorgängerinnen gewidmet ist, die im ausgehenden 18. Jahrhundert das Pariser Opernleben beherrschten und in der Tat Kontrahentinnen waren – Madame Saint-Huberty (1756-1812), die als Tragödin an der Académie Royale de...
Den verletzten Bullen hatten wir schon. Den dumpfen Angstbeißer, auch den freundlichen Onkel, hinter dessen Empathie-Fassade das Grauen lauert. Aber diese Version von Peter Grimes scheint neu und interessiert uns schon mal prinzipiell. Ein Freak. Irgendwo zwischen Woodstock und Oberammergau. Ein sonderlicher Aussteiger, der in einer Höhle am rechten Bühnenrand...