Warten und schauen
Das Stadttheater Bern steht neuerdings (und noch bis Anfang der kommenden Spielzeit) mitten im schweizerischen Regierungsviertel; vom Waisenhausplatz aus blickt der Kubus, die provisorische Spielstätte während der renovationsbedingten Schließung des Stammsitzes, geradewegs hinüber zum Bundeshaus. Geschickt nimmt das von Stephan Märki geleitete Berner Ensemble die Herausforderung an und präsentiert mit einem einfachen, raffiniert dekorierten Holzwürfel eine Spielstätte, die quirlige Lebendigkeit erzeugt (siehe auch Seite 48).
Auch bei «Hanjo», der zweiten Oper des 1955 geborenen Japaners Toshio Hosokawa. Und das, obwohl in dem 2004 in Aix-en-Provence uraufgeführten Einakter die Zeit in ritueller Langsamkeit vergeht. Hosokawa griff auf ein Stück des modernen Nō-Theaters von Yukio Mishima zurück, in dem es um nichts als Warten geht. Die Geisha Hanako wartet auf ihren Kunden Yoshio. Als der nach Jahren endlich erscheint, schaut sie ihn zwar an, vermag ihn aber nicht als den zu sehen, den sie erwartet hat. Sie wird weiterhin zum Bahnhof gehen und auf ihrer Holzbank Platz nehmen, um die Gesichter der Ankommenden zu studieren. Und die Künstlerin Jitsuko, welche die Geisha in ihre Obhut ...
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Opernwelt Juli 2016
Rubrik: Panorama, Seite 34
von Peter Hagmann
Man muss ihn einen erfolgreichen Sisyphus nennen, und so sieht er sich auch selbst. Als Opernintendant in Amerika hat David Gockley den Stein der Ästhetik immer den Berg hochgerollt, um zu sehen, wie er auf der anderen Seite als Stein der kommerziellen Abhängigkeit wieder herunterrollte. Abgehalten von seiner unerschrockenen Politik der Innovation hat ihn das...
Auf der Opernbühne trifft man Sie selten an, Herr Boesch. Woran liegt’s?
Erstens bin ich ein begeisterter Familienvater. Mein eigener war Opernsänger – und viel zu selten zu Hause. Das war für mich keine Option.
Und zweitens?
Bin ich eine totale Mimose. Ich leide unter schlechtem Musiktheater mehr als irgendwer sonst, den ich kenne. Das heißt nicht, dass ich mit Oper...
So problematisch Arrigo Boitos ideengeschichtliche Dämpfung der Erstfassung seines «Mefistofele» und der Rückgriff auf Elemente des traditionellen italienischen Melodramma sein mögen, das Werk enthält in seiner finalen Gestalt von 1875 etliche saftige Stücke fürs melomane Publikum und szenisch Packendes. Man muss das Lob ja nicht so überziehen wie Bernard Shaw, der...