Unter Wert
Allzu oft geschieht es nicht, dass eine der 15 Opern von Nikolai Rimsky-Korsakow auf einem deutschen (überhaupt einem nichtrussischen) Spielplan erscheint. Deswegen war man elektrisiert, in Saarbrücken den «Goldenen Hahn» annonciert zu sehen, das späteste Bühnenwerk des Komponisten (1907).
Inspiriert von der blutig niedergeschlagenen Volkserhebung 1905, ist es (angelehnt an einen Puschkin-Text) eine ins Märchenhafte versetzte Abrechnung mit dem bizarr überständigen Zarenregime, genährt von sarkastischem Offenbach-Witz und zugleich vorausweisend auf die quirlige Buntheit der Prokofjew’schen «Liebe zu den drei Orangen», der es die parabelhafte politische Brisanz voraus hat.
Musikalisch schöpft Rimsky hier noch einmal aus dem weidlich vertrauten nationalmusikalischen Gegensatz von «russischer» Diatonik und orientalisierender Verfeinerung. Die südlich-asiatische Sphäre ist hier aber eindeutiger positiv konnotiert als in den früheren russischen Opern, während der kernig-marschmäßige Slawen-Sound eher die Dumpfheit und geisttötende Brutalität der etablierten Macht repräsentiert. Eine ganz eigene musikalische Aura verschafft Rimsky dem geheimnisvollen Astrologen, der mit seinem ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Panorama, Seite 46
von Hans-Klaus Jungheinrich
Gewiss muss die Tante tot sein, die man beerben will; doch vorher schon kann man sich sehr genau im Zimmer umsehen.» Als Ernst Bloch in «Erbschaft der Zeit», veröffentlicht 1935, das untergehende Bürgertum analysierte, plädierte er für eine genaue Prüfung der «Elemente» bürgerlicher Errungenschaften: Wer weiß, ob nicht Erbstücke darunter sind, die für eine künftige...
Sie haben bestimmt immer gedacht, nach dem letzten Es-Dur-Akkord der «Zauberflöte» sei für Tamino endlich Schluss mit den Prüfungen, oder? Falsch. Die schlimmste kommt erst, wenn die Premiere schon vorbei ist: die Partyprobe.
Was denn, mögen Sie sich fragen, ist doch nett, so eine Fete! Knabbereien und Prosecco für lau, Glückwünsche von allen Seiten, die Chance,...
Ein double bill, wie der Engländer die Vorstellung von zwei Werken zu einem Preis nennt, ist der jüngste Abend der Kölner Oper vor allem durch die Potenzierung dessen, was sich schon in den Titeln der Werke ankündigt: Gefangenschaft, Schuld, Unrecht, kirchlicher Machtmissbrauch. Wobei die durchgehende Figur des Großinquisitors alle Momente in sich vereint.
Warum...
