Schritte ins Ungewisse
Wer bin ich, und wie kann ich mich davor verstecken», war die Leitfrage des «Enrico», mit dem Manfred Trojahn 1991 seine Karriere als Opernkomponist begann. Dort erkennt der durch den Sturz bei einem Maskenspiel wahnsinnig gewordene Protagonist, der sich fortan für den deutschen Kaiser Heinrich IV. hält, eine einzig -artige Chance: die Rolle auch nach dem Verschwinden des Wahns weiterzuspielen.
Zwanzig Jahre später wird der Held von Trojahns «Orest» aus der Fremdbestimmung heraustreten: Der am Ende freigesprochene Muttermörder kündigt seinen Göttern und beschreitet auf der Suche nach einer neuen Identität den Weg ins Ungewisse, in eine neue Ordnung, die noch keiner kennt.
Nun erscheint eine weitere neue Wendung in Trojahns Theater der Selbstbefragung: Im Mittelpunkt seiner «Septembersonate» steht kein Kaiser, keine Figur des Mythos, sondern ein alltäglicher amerikanischer Schriftsteller, Osbert Brydon, der im Herbst seines Lebens aus Europa an den Ort seiner Kindheit zurückkehrt und sich fragt, was wohl aus ihm geworden wäre, wenn er im New York der Immobilienspekulanten geblieben wäre, wie es seine Familie für ihn vorgesehen hatte. Osbert trifft auf die Spielkameradin seiner ...
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Opernwelt Januar 2024
Rubrik: Im Fokus, Seite 4
von Klaus Heinrich Kohrs
Über Wolfgang Rihm zu schreiben – das haben die meisten der Publikationen, die sich darin versuchten, eindrücklich bewiesen –, ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Einmal des gewaltigen Œuvres wegen, das einer der bedeutendsten Komponisten der Gegenwart vorgelegt hat (rund 600 Werke umfasst die Liste), aber mehr noch, weil sich Rihm selbst in seinen Schriften...
Jules Massenet hat den Abschluss seiner Opéra lyrique «Werther» genau notiert: «Samstag, 2. Juli 1887, 11.15 Uhr». Ob er ahnte, dass sein Werk tatsächlich ein Wurf war? Wie Puccinis «La Bohème» ist es ohne Fehl und Tadel, kein Takt zu viel, Libretto und Musik genau verzahnt – und doch im deutschsprachigen Raum nicht von gleicher Popularität; bis in die 1970er-Jahre...
Der Anlass war es wert: Anlässlich des 20. Jahrestages des Wiederaufbaus des 1996 abgebrannten venezianischen Opernhauses zeigte sich auch Italiens Präsident Sergio Mattarella erstmals bei einer Spielzeiteröffnung im Teatro La Fenice. Eine weitere Novität: Die Saison wurde nicht mit einem Bühnenwerk von Verdi eröffnet (eine Ausnahme bildete der «Fidelio» im...
