Schichtarbeit
Im Vereinigten Königreich hatte sich bislang noch niemand an Enescus «Oedipe» herangetraut. Jetzt zeigt Covent Garden endlich die 1936 in Paris uraufgeführte Oper – gerahmt von zwei nagelneuen Werken, Mark Simpsons «Pleasure» (eine Koproduktion mit Aldeburgh Music und Opera North) und Philip Venables «4.48 Psychosis» (mit Lyric Hammersmith und der Guildhall School). «Psychosis» wurde am Abend direkt vor der Enescu-Premiere aus der Taufe gehoben – das Stück liefert einen eindringlichen Bericht aus einer psychiatrischen Anstalt, voll Trauer, Zorn, Paranoia und Selbstverletzung.
Alex Ollés und Valentina Carrascos Brüsseler «Oedipe»-Produktion (OW 12/2011) nutzt Anspielungen auf Sigmund Freud, jenen Psychoanalytiker also, der den Ödipus-Komplex definierte. Und beide Stücke befassen sich mit Familien, die zersetzt werden von Begehren und Enttäuschung, Anziehung und Abstoßung.
Ob Freud oder Sophokles – die Legende des verfluchten Königs, auserkoren, seinen Vater Laios zu töten und seine Mutter Jokaste zu heiraten, dürfte hinlänglich bekannt sein. Enescu schließt die Geschichte rhapsodisch auf. Mit jeder Szene wird das grausame Geschehen klarer, wächst das Entsetzen. Vor allem in Hinblick ...
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Opernwelt Juli 2016
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Anna Picard
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Herr Eötvös, Sie sind 1966 als junger Mann von Budapest nach Köln gezogen, um dort zu studieren. Durch einen Zufall begegneten Sie wenige Tage nach der Ankunft Karlheinz Stockhausen. Daraus entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit, die zehn Jahre währte. Klingt dieser frühe Einfluss bis heute nach?
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