Revue des traurigen Irrsinns
Wolfgang Rihms Musiktheater «Die Hamletmaschine», 1987 in Mannheim uraufgeführt, hat immer Respekt erfahren, aber dazwischen verging jedes Mal sehr viel Zeit. Geradezu enigmatisch ist Heiner Müllers Textvorlage, immens der Aufwand. Nur wer zu beidem bereit ist – großen Aufwand für unlösbare Rätsel zu betreiben –, hat etwas davon. Zum Beispiel das Staatstheater Kassel, das einen spartenübergreifenden Abend gestaltet hat, an dem auch die Tanzkompanie des Hauses mitwirkt.
Gleichberechtigt die szenische Leitung: Regie und Choreografie liegen in den Händen von Florentine Klepper und Valentin Alfery.
1977 bezog sich Müller auf die Situation von Intellektuellen in der DDR, aber bis heute können sich Machtlosigkeit und Widerstand aller Zeiten und aller Orte in dieser postapokalyptischen Posttheaterwelt wiederfinden. «Ich bin nicht Hamlet», sagt Hamlet, «ich spiele keine Rolle mehr. Meine Worte haben mir nichts mehr zu sagen». Ophelia ist nicht mehr bereit, sich weiterhin zu töten. Sie ist kein Opfer mehr. Nicht, dass ihr das helfen würde. Soweit die Lage.
Rihm, der es damals selbst leid war, traditionelle Operngeschichten zu erzählen, kam das zupass. Für Klepper und Alfery ist es der ...
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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: Panorama, Seite 58
von Judith von Sternburg
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