Poetik des Widerstands

Das Festival «Se saisir de l’avenir» der Opéra national de Lyon befasst sich mit der Frage, wie man falschen Anfängen trotzen kann. Die szenischen Resultate sind sehr unterschiedlich

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Als er seine Kirche in ihrer Anpassung an den faschistischen Staat scheitern sah, wagte Dietrich Bonhoeffer, einer jener wenigen Aufrechten, die sich der Gleichschaltung des Glaubens widersetzten, den Widerstand. Schließlich gelte es «nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen». Christentum bedeute Entscheidung, wusste der Theologe bereits 1925 – und meinte damit ganz konkret das diesseitige Hier und Jetzt, in dem sich gleichsam die Mündigkeit des aufgeklärten Christenmenschen beweisen müsse.

Nicht erst im offiziellen Hauptwerk des diesjährigen Festivals der Opéra de Lyon (Verdis «La forza del destino»), sondern just in der erstmals als gleichwertigem Trilogie-Teil aufgenommenen Kinderoper wurde nun der alle Ängste, Krisen und Untergangsszenarien trotzig überwindende Zukunftsglaube mit einem Staunen machenden Mut zum Thema.

Diana Sohs «L’Avenir nous le dira» ist keines jener «gut gemeinten» Werke, die in Wahrheit doch eher unterkomplexe Projekte zur Gewinnung eines jüngeren Publikums sind. Sondern eine ausgewachsene, anspruchsvolle, dramaturgisch kluge Oper von Kindern für Kinder und solche Menschen, die das Kind in sich auch ...

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Opernwelt Mai 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 18
von Peter Krause

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