Christopher Gillett; Foto: privat

Mal ehrlich Januar 2018

Opernwelt - Logo

Vor Kurzem bekam ich zehn Belegexemplare einer CD zugeschickt, die ich im März aufgenommen hatte. Das stellte mich vor zwei Probleme. Erstens habe ich längst keinen CD-Player mehr. Ich bemühe mich nach Kräften, meinen Plunder in Grenzen zu halten, weshalb mir der Niedergang der Scheibenwelt sehr gelegen kommt. Heute ist die CD praktisch ein Dinosaurier.

Warum eine Plastikscheibe zwischenschalten, nur um ein paar Megabytes Binärcode von einem Gerät aufs andere zu übertragen? Das ist ungefähr so sinnvoll, als würde man eine Mail erst ausdrucken und dann per Fax verschicken – inzwischen dürfte sich ja rumgesprochen haben, dass man so bloß unschuldige Bäume verschwendet. Doch zurück zu meiner Platte: Erst nach etwa einer Woche Tatenlosigkeit konnte ich mich aufraffen, etwas zu unternehmen. In einer Schublade fand sich mein altes CD-Laufwerk. Ich schloss es an den Laptop an und übertrug die Musik. Für die CD war’s das. Ausgedient. Überflüssig.

Bleiben die übrigen neun, die da samt Hochglanz-Booklet in ihrer Cellophanhülle schlummern. Mein zweites Problem: Was fang ich mit den Dingern an? Das Repertoire – englische und aus­tralische Lieder aus dem frühen 20. Jahrhundert – ist so obskur, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Aus dem Leben eines Taugenichts, Seite 65
von Christopher Gillett

Weitere Beiträge
Sehnen und Seufzen

Man wusste es. Und staunt dann doch. Erstmals widmet Philippe Jaroussky einem seiner erklärten Lieblingskomponisten ein ganzes Album. Auf der Bühne hat der französische Countertenor schon etliche Händel-Partien verkörpert, von Rinaldo und Serse über Ruggiero in «Alcina» bis zu Didymus im Oratorium «Teodora». Nun aber ist er – an der Spitze des von ihm selbst 2002...

Alles ist Nichts

Leerstellen, blinde Flecken oder Sackgassen – darauf stoße man, wenn man für Amok­läufe wie jüngst in Las Vegas, New York, Sutherland Springs Erklärungen suche, stellte der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl nach den Attentaten in einem Interview fest. Das Grauen aus dem Nichts plagt die Menschen, wenn es keine Sinnzusammenhänge gibt, das Inkommensurable ließe sich...

Im Westen viel Neues

Gelobter Westen? Das letzte Refugium des American Dream? Aus pazifischer Perspektive ist der dauertwitternde Poltergeist im Weißen Haus weit weg. Keine Spur von Depression angesichts der politischen Großwetterlage. «Ich bin froh, in Kalifornien zu leben», sagt John Adams nach der Uraufführung seiner neunten Arbeit für die Musiktheaterbühne – eines Stücks, das eine...