Kontrollierte Leidenschaft
Wie Frauen sind? Wankelmütig sind sie. Und gerade dafür muss man sie lieben, immer und überall. Das weiß auch der Herzog von Mantua, der, ausgestattet mit einer zweiten (studentischen) Identität, um die schöne Gilda scharwenzelt, wissend, dass sie ihm im Grunde längst verfallen ist. Dieses Sieges gewiss, stimmt er jene berühmte Kanzone an, die bis heute Kultstatus unter Tenören besitzt, weil sie so günstig liegt und weil sich das (romantische) Sängerherz nach Belieben darin austoben kann.
Auch Michael Fabiano hat diese funkelnde H-Dur-Perle, die sich, kaum zufällig, stark an der dominierenden Macht-des-Schicksals-Tonart im «Rigoletto» reibt, in sein Album mit Arien von Giuseppe Verdi und Gaetano Donizetti aufgenommen. Und er gestaltet das Stück so, wie man es sich wünscht: mit Brio, einem Schuss Übermut, durchaus leidenschaftlich und fantastisch, leicht kapriziös, dynamisch nuanciert. Für den Schluss hat sich der amerikanische Tenor eine kleine Finesse aufgehoben: Wenn er das Wort «pensier» zum dritten und letzten Mal anstimmt, flicht er, äußerst wirkungsvoll, eine schmucke Verzierung ein und beendet die Arie eine Oktave höher, als der Komponist es notiert hat: auf dem ...
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Opernwelt August 2019
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 24
von Jürgen Otten
Seine berühmte Abhandlung «Jenseits des Lustprinzips», in der erstmals der Begriff des Todestriebs entwickelt wird, veröffentlichte Sigmund Freud 1920. Im gleichen Jahr kam das heute wieder oft gespielte Werk eines anderen Wieners auf die Welt: Erich Wolfgang Korngolds «Tote Stadt». Eine frappierende Parallele. Die erfolgreichste Oper des frühreifen Komponisten...
Für viele war er der Größte, für nicht wenige eine Zumutung. Wer sich die Oper als Museum wünscht, als Schaukasten einer zum Hort des maßlos Schönen verklärten Vergangenheit, findet in der verschwenderischen Opulenz, die Franco Zeffirelli auf der Bühne wie auf der Leinwand kultivierte, genau jenen vermeintlich historisch korrekten Glanz der Oberfläche, der die...
Zuletzt sorgte die Oper Halle vor allem wegen der erbitterten, öffentlich ausgetragenen Kontroverse um die künstlerische Leitung für Furore. Aber auch mit dem Theaterpreis des Bundes, der ausdrücklich die innovative Ausrichtung des Hauses nennt, die sich unter anderem im Konzept einer die Grenze zwischen Zuschauern und Akteuren aufhebenden Raumbühne erkunden lasse....