Konjunktive der Moderne

Reckewell/Rasch: Die Formel
Bern | Stadttheater

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Natürlich ist es nicht so gewesen. Natürlich haben Lenin, Albert Einstein, Paul Klee und ihre Ehefrauen sich um 1905 herum nie in Bern getroffen. Flankiert von dem Schriftsteller Robert Walser, der wie ein Flaneur um die Paare schwänzelt und deren «Formeln» von der Neuordnung der Welt in der Physik, der Bildenden Kunst und mit den Konjunktiven einer poetischen Weltanschauung begegnet, die nicht nach Zweck und Nutzen fragt. Die einzige Verbindung: Alle handelnden Personen standen damals mit der Schweizer Hauptstadt in Beziehung.

Aber um Realhistorisches geht es der Autorin Doris Reckewell und dem Komponisten Torsten Rasch in ihrem von der Schauspielsparte auf die Bühne gebrachten Stück auch nicht, das nun im frisch renovierten Theater Bern uraufgeführt wurde. Und sie halten bewusst offen, welchem Genre es zuzuschlagen wäre. Ist das nun Oper, Musiktheater, Schauspiel mit Musik? Oder etwas ganz anderes? «Die Erfindung des 20. Jahrhunderts», so der nicht ganz unbescheidene Untertitel, bietet Theater im besten Sinn: poetisch, realistisch, surreal. Mit einem maßlosen, gleichwohl klaren Anspruch: die geistig-politisch-künstlerischen Leitmotive dieses vergangenen Säkulums in einer Art ...

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Opernwelt April 2018
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Alexander Dick

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